]> Festkoerperchemie Kap. 2.4.
cr_home Metalle Nichtmetalle FK-Chemie Strukturchemie Interm. Phasen Oxide Silicate Strukturtypen AFP
Inhalt 1. Bau + Strukturen 2. Reaktionen + Synthesen 3. Eigenschaften + Anwendungen
Vorlesung: Festkörperchemie

2. Reaktionen und Synthesen

2.4. Synthesen von Festkörpern, Präparative Methoden


Vorlagen


Voraussetzung für jegliche Anwendung von Festkörpern ist die Synthese neuer und/oder bekannter Feststoffe mit definierter Struktur, Reinheit, Morphologie, Kristallitgröße, Korngrößenverteilung usw.... Erst nach der erfolgreichen Präparation ist die strukturelle Charakterisierung (vgl. Methoden-Vorlesung), die Bestimmung der physikalischen, chemischen oder sonstiger Eigenschaften und schließlich der praktische Einsatz (Anwendung = Gewinn) möglich.

2.4.1. Einleitung, Klassifizierung der Reaktionen

Die Synthese von Festkörpern kann aus festen (s) und/oder gasförmigen oder flüssigen Edukten erfolgen. Bei kristallinen Festkörpern entspricht die Synthese einer Kristallisation, allgemeiner "Uberbegriff ist Festkörpersynthese. Hierbei ist neben der Chemie (Substanz, Stöchiometrie) auch die Struktur (z.B. bei Polymorphie!) und meist auch die Morphologie wichtig. In der folgenden Tabelle sind die Reaktionstypen zusammengestellt, die für die Synthese von Festkörpern in Frage kommen. (K = S = Solid; L = flüssig; V = gasförmig; i = 1 bis n)

Tab. 2.4.1. Reaktionstypen zur Synthese von Festkörpern
Reaktion Bezeichnung Beispiel
L ---> S Gefrieren, Erstarren H2O(l) ---> H2O(s) 0o
V ---> S Resublimation I2(g) ---> I2(s)
S1 ---> S2 Phasenumwandlung γ-Sn ---> 13.2 oC---> β-Sn (Zinnpest)
Rekristallisation Entglasung bei Quarzampullen, Samorph ---> Skristallin
S1 + S2 ---> S3 Festkörperreaktion MgO + Al2O3 -->1500oC---> MgAl2O4
S1 ---> S2 + Σ Vi Zersetzungsreaktion CaCO3 --> 908oC --> oC---> CaO + CO2
S1 + Σ Vi ---> S2 Bildungsreaktion CaO + CO2 ---> 908 oC---> CaCO3
2 Cu + O2 ---> 1000 oC---> 2 CuO (z.B. Passivierung)
S1 + Σ Vi ---> S2 + Σ Vj Austauschreaktion MnO2 + CO -->1000oC---> MnO + CO2
S1 + S2 ---> S3 + Σ Vi Festkörperreaktion Fe2((COO)2)3 + Zn(COO)2 -->1000oC---> ZnFe2O4 + CO + 4 CO2 Oxalate, niedrigere T als direkt
ΣVi ---> S Abscheidung (CVD) HCl + NH3 ---> NH4Cl (Labornebel)
ΣVi ---> ΣVj + S Chemischer Transport CrI2 ---> Cr + I2(g); Reinigung von Metallen (van Arkel)
S1 ---> S2 + Σ Li Zersetzung mit L ähnliche Rkt. wie mit V
S1 + Σ Li ---> S2 Bildung 2 Hg(l) + K(s) ---> KHg2
S1 + L1 ---> S2 + L2 Austauschreaktion
ΣLi ---> S Molekülchemie, Interhalogene
Σ Li + Σ Vi ---> S 8 Cl2 + 46 H2O ---> 0 oC---> 8Cl2 \cdot 46H2O
S_1(l) ---> S_1 Lösungskristallisation Umkristallisieren von Molekülkristallen
S_1(l) + S2(l) ---> S3 Lösungskristallisation NaAl(OH)4(aq) + Na2SiO3(aq) + NaOH(aq) ---> l200oC---> Na_x(AlO2)_x(SiO2)_y \cdot z H2O (div. Zeolithe)
Präparativ wichtig weitere Kapitelteinteilung (vgl. Inhaltsverzeichnis) Kriterien bei FK-Synthese ---> zwei Gesichtspunkte:
  1. Energie-Bilanz (Thermodynamik) FK stabil, wenn bei konstantem p und T Minimum des Gibb'sche Potential G FK-Rkt. läuft freiwillig, wenn Gibbs'sche freie Enthalpie \Delta G kleiner 0 Beschreibung: Thermodynamik: T/x-Diagramme Phasenbeziehungen (s.v.) PD 2/3/N-komponentiger Systeme (bei HT-Synthesen meist T-x)
  2. Reaktionsweg (Kinetik) Transport von Materie im FK = Reaktivität fester Stoffe Bewegung der Gitterbausteine wichtig aber: idealer Kristall nur als Ganzes bewegbar (keine Einzelschritte für Fortbewegung der Gitterbausteine erlaubt) Materietransport im FK = f(Abweichungen vom Ideal-Kristall) Geschwindigkeitskonstanten bzw. Transportkoeffizienten im FK atomare Fehlordnung wichtig
Im folgenden: Einteilung nach der in Praxis wichtigen Rkt.-Typen

2.4.2. Festkörperreaktionen

% H. Schmalzried: Festkörperreaktionen: Chemie des festen Zustands % (Kap.2: Einführung) % (Kap.6: Feststoffreaktionen Ionenkristalle) % (Kap. 7. für Metalle) % (Kap. 8. fl + g +s = fest % % 6. für Ionen 7. für Metalle % 6.1. in einphasigen Systemen % Ionen Metalle % 6.1.1. Homogenreaktionen bei vollst. Mischkristallreihe % 6.1.2. in inhomogenen Medien % 6.1.3. in quasibinären Medien % % 6.2. in mehrphasigen Systemen % Spinellbildung mit Verbindungsbildung % mehrphasige Produkte Ausscheidungsvorgänge % Doppelumsetzungen % % % 8. fl + g +s = fest Definition Rkt. mit lokalem Massetransport in kristallinen Phasen Beteiligung von l/g erlaubt, aber Feststoff muß entstehen (z.B. auch Zersetzungs-Rkt./Oxidation von Metallen) Die Einteilung von Festkörper-Reaktionen erfolgt (analog Klassifizierung in Kinetik) nach
  1. Homogen-Reaktionen
  2. Reaktionen in einphasigen inhomogenen Systemen
  3. Heterogen-Rkt. (mit Phasengrenzen, über die Stoff transportiert wird)
Dabei sind die Reaktionen von Typ 1 und 2 eher von grundsätzlichem theoretischen Interesse, zugleich aber auch immer Teilschritte komplexerer Reaktionen. Die Heterogenreaktionen (4) sind für Präparation von Festkörpern extrem wichtigste Reaktionen. %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% % Chemische Reaktionen zwischen festen kristallinen Stoffen % im allgemeinen exotherm %Trotzdem % die meisten chemischen Festkörperreaktionen leicht isotherm führbar %da: Reaktionsgeschwindigkeit so langsam % daß die pro Zeitneinheit entstehende % Wärmemenge leicht abgeführt werden kann. %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% Im folgenden werden zuerst einphasigen Reaktionen (1 und 2) kürzer, dann die eigentlichen Festkörperreaktionen (3) ausführlicher behandelt. % % Literatur: H. Schmalzried: Festkörperreaktionen - Chemie des festen Zustands % U. Schubert, N. Hüsing %% Synthesis of Inorganic Materials %% VCH, 2004
1. Homogenreaktionen
Merkmal: gesamte Rkt innerhalb einer homogenen Phase Grundschritt vieler kombinierter echter Reaktionen daher gut untersucht div. mathematische Modelle \fbox1. Beispiel: Kationenverteilung in Ni-Spinell \fbox\scriptsize VRML NiAl2O4 Nickelspinell = Normalspinell O2- kubisch dicht Ni2+ in \frac18 der TL, Al3+ in \frac12 der OL anderes T Inversspinell-Str. stabiler: Al3+ in \frac18 der TL, Al3+ und Ni2+ in \frac12 der OL also: bei T-"Anderung ---> Kationenumverteilung - verläuft über Diffusion über freie TL/OL - etwa nach der Formel: Ni_TL2+ + Al_OL3+ ---> Ni_OL2+ +Al_TL3+ insgesamt ziemlich komplizierter Prozeß wichtig: Fehlstellengleichgewichte (auch für andere Rkt. wichtig) \fbox2. Beispiel: Frenkelfehlordnung in AgBr AgI/AgBr: X^- bcc, Ag+ können abhängig von T diverse Lücken besetzen (Untergitterschmelzprozesse) \Uparrow eher von theoretischem Interesse, nicht direkt als Präparation zu bezeichnen \Uparrow aber: als Teilschritte vieler komplizierter Reaktionen
2. Reaktionen in einphasigen inhomogenen Systemen
Merkmal: Diffusions-Vorgänge im einphasigen System, aufgrund von Konzentrationsgradienten \fbox1. Beispiel: Diffusion von C in Fe \fbox\scriptsize SVG Oberflächenhärtung von Fe (Kurbelwellen) Fe in C erhitzen auf 950 oC (Austenitbereich) an Oberfläche Austenit (=γ-Fe + C, thermodyn. stabil) dann: Diffusion ins Innere = Rkt im einphasigen inhomogenen System Abkühlen: Martensit (=γ-Fe + C, metastabil) \fbox2. Beispiel: Dotierung von HL Herstellen von p/n-Dotierung beim Diffusionsverfahren \fbox3. Beispiel: Diffusionsglühung von MgO + NiO MgO + NiO: beide NaCl-Struktur lückenlose Mischkristallreihe Einstellung des GG homogene Phase Mg_xNi_1-xO (ohne Gradient in x) entscheidend für Geschwindigkeit ---> Beweglichkeit der Teilchen Kirkendall-Effekt bei unterschiedlicher Mobilität der Atome vor allem bei Metallen bei Salzen wegen Elektroneutralität nicht so stark Cu/Messing Zink beweglicher als Cu V-Veränderung usw.
Abb. 2.4.1. Kirkendall-Effekt ‣ SVG
3. Heterogenreaktionen
Charakteristika von hetereogenenestkörperreaktionen sind feste Ausgangsstoffe, die Produkte sind durch Phasengrenzen separiert. Diese Art von Reaktionen ist extrem wichtig in derpräparativen Festkörperchemie und wird vor allem für hochschmelzende, unlöslichen Festkörper (vor allem Oxide) in Gebrauch. I.a. sind Reaktionen diese Typs aus mehrfacher Hinsicht nicht günstig, sie sind aber oft nicht vermeidbar.
Praktisch werden die gemahlenen Pulvermischungen auf meist sehr hohe Temperaturen zwischen 1000 und 1500 oC erhitzt und bei diesen Bedingungen für lange Zeit gehalten. Als Produkte entstehen immer nur Pulver. ?? thermodynamisch eindeutig, aber Kinetik! hohe Temperatur Zwei typische Beispiele für Heterogenreaktionen:
  1. Bildung des III/V-Halbleiters AlSb Al + Sb zusammenpressen sehr unterschiedliche Struktur Produkt zwar einkristallin, dazwischen aber polykristalline Grenzschichten
  2. Spinellbildung sehr typische Festkörperreaktion (z.B. 2. Semester: Thenards-Blau: CoAl2O4 zu beachten: Elektroneutralität der Probe: NiO- und Al2O3-Platte zusammendrücken T = 1400-1500 o C Ergebnis: \psfigfigure=../methoden_fkc/Xfig_bilder/spinellbildung.ps,height=5cm,angle=-90. Teilreaktionen: (vgl. Vorlage) (I) 2 Al3+ + 4 NiO \rightleftharpoons NiAl2O4 + 3 Ni2+ (II) 3 Ni2+ + 4 Al2O3 \rightleftharpoons 3 NiAl2O4 + 2 Al3+ Gesamt-Rkt: 4 NiO + 4 Al2O3 ---> 4 NiAl2O4 wg. Elektroneutralität (3 Ni nach rechts, 2 Al nach links) auf Al2O3-Seite: 3x soviel Spinell wie auf NiO-Seite Al2O3-Seite wächst 3x schneller alle Ionen: Diffusion durch Produktschicht
Wichtige Parameter bei Festkörperreaktionen sind
  1. Kontaktfläche zwischen Reaktanden (möglichst groß)
  2. Keimbildungsraten
  3. Diffusion der Ionen durch Grenzschichten (Reaktionskinetik)
Zu den einzelnen Punkten und die Folgerungen für Praxis daraus
  1. Kontaktfläche: Die Reaktionsrate ist etwa proportional zur Oberfläche der Partikel. Die Größe der Oberfläche hängt von der Partikelgröße direkt ab. 1 g eines Einkristalls (Würfel) haben eine Fläche von 10^-4 m^2, 1 g eines Pulver mit einer Korngröße von 10 \mu m (10^-3 cm) Würfelchen: 10^-1 m^2 und 1 g eines Pulvers mit 100 \AA (z.B. nach langem Mahlen) hat eine Fläche von 100 m^2. Aus diesem Beispiel wird sofort deutlich, daß zur Optimierung der Reaktion ist es daher praktisch erforderlich, die Edukte fein zu Mahlen oder zu Mörsern und ein möglichst feines Pulver als Edukt zu verwenden. Durch diese mechanische Vorbereitung werden zusätzlich mehr Fehlordnungen und Oberflächendefekte eingeführt. Gegen Blockierschichten ist auch das Zwischenmahlen zwischen den Glühphasen nützlich. Durch Pressen (am besten Heißpressen) wird zusätzlich die Kontaktfläche zwischen den Kristalliten vergrößert.
  2. Die Keimbildung wird durch strukturelle Verwandtschaft der Reaktanden mit den Produkten Art/Ausmaß der strukturellen Umbildungen bestimmen Geschwindigkeit der FK-Rkt Die bekannteste Reaktion ist hierzu die Spinellbildungsreaktion: O2- in allen Reaktanden dicht gepackt O2--Schichten bilden Keim NiO-Seite: sogar identische Stapelfolge (kub. ABC-Stapelung) Al2O3-Seite: gleiche Schicht, aber AB-Schichtenfolge solche Passungen Vorzugsorientierungen der Produkte Arten der Passung: 1. Epitaxie 2-dim. Passung (d.h. nur an Grenzfläche) Voraussetzung: - gleiche Oberflächenstruktur - ähnliche Gitterkonstanten (15\%) z.B. Spinell -- Al2O3-Grenzfläche 2. Topotaxie 3-dim. Passung (Produkt + Edukt mit 'gleicher' (Teil)-Struktur) z.B. Spinell -- NiO (beide fcc-Stapelfolge) epitaktische/topotakisches Wachstum: schneller + orientiert
  3. Die Diffusion bzw. Kinetik erfolgt über Leerstellen und Kristallbaufehler und ist stark vom System abhängig. Sie kann experimentell nur schwer beeinflußt werden, ist aber generell bei großen Temperaturen ebenfalls groß. Die Reaktion erfolgt in drei Teilschritte: 1. Transport von Materie an die Reaktionsfläche 2. Reaktion an der Grenzfläche 3. Transport von Materie von der Grenzfläche weg
Experimentelles (Edukte) meist komplexe Rkt. zahlreiche Tricks und Feinheiten (z.B. T-Programm) einfachster (?) Weg: Mixed-Oxide Route besser: Einsatz von Precursoren (Carbonate/Oxalate) nicht hygroskopisch (wie viele Oxide) feinere Verteilung der Metallionen größere Oberfläche gute Durchmischung mehrerer Ionen z.B. Carbonate Zersetzung bei 700 o C noch besser: Systeme mit richtige Metallverhältnis: z.B. Ni3Fe6(CH3COO)_17O3OH \cdot 12 C5H5N MnCr2O_7 \cdot 4 C5H5N bei 400 oC Organik weg, Spinell-Bldg. bei 1000 oC Anwendung von FK-Reaktionen (Produkte) !! vermeiden, da langsam + hohe T = teuer für hochschmelzende hochpreisige Verbindungen unabdingbar, z.B.: BaTiO3: Elektrokeramik (Thermistoren, Piezoelektrika, Dielektrika, PZT-Keramiken) YBa2Cu3O_7: Supraleiter (z.B. Carbonatmethode) div. Spinelle: Buntpigmente magn. Fe-Invers.-Spinelle (Ferrite) (Transformatorkerne, Informationsspeicher) β-Alumina (Festelektrolyte) Granate: YIG Y3Fe5O_12, YAG, GGG usw. Technische Apparate Mühlen, Drehrohrofen (für Pulver) \fbox\scriptsize Web, Foto Mühlen, (Heiß)Pressen (Formgebung), Brennofen (für Keramiken)

2.4.3. Kristallisation aus Lösungen, Schmelzen, Gläsern und Gelen

bei FK-Rkt alles unter der Liquidus-Linie hier und besser: Mobilität der Teilchen in fl. Phase einfachste + häufigste Methode zur Herstellung von FK Ausgangsstoffe: homogen, einphasig, amorph ? Lösung oder Schmelze ? ---> Frage des T-Niveaus fl. = höhere Mobilität der Reaktionspartner: Kinetik (gegenüber FK-Reaktion) nicht mehr so entscheidend i.a. reichen Aussagen der Thermodynamik = Phasendiagramme auch für Einkristallzüchtung möglich
a) Kristallisation aus Lösungen und Gelen
FK in Lösungsmittel lösen + wieder ausfällen bekannt aus Labor als Reinigungsverfahren (z.B. OC) Thermodynamik PD: allgemeine Betrachtung: FK + Lösungsmittel als 2. Komponente: real: ternäre + multinäre Systeme analog
Abb. 2.4.2. Kristallisation aus Lösungen ‣ SVG
FK mit hohem Mp löslich bei bestimmtem T im Lösungsmittel Lsg. flüssig (Arbeitsbereich = RT !! ) damit: breite T-Bereiche möglich: T_E bei kleinen Stoffkonzentrationen X_s unterhalb Liquidus-L. metastabiler Unterkühlungsbereich (Ostwald-Miehrs-B.) erst beim Unterschreiten spontane Keimbildung im metastabilen Bereich komplexe Vorgänge und Parameter: Mechanismen, Kinetik 1. Bildung von Assoziaten aus Monomeren A A + A \rightleftharpoons A2 A2 + A \rightleftharpoons A3 2. Aufbau von Clustern A_n + A \rightleftharpoons A_n+1 3. Bildung des kritischen Keims A_m^* und dessen Wachstum A_m-1 + A \rightleftharpoons A_m^* A_m^* + A \rightleftharpoons A_m+1 4. Anlagerung an makroskopische Kristallflächen \Omega \Omega + A \rightleftharpoons \Omega A Parameter: für Steuerung der Kristallite (Größe, Form usw.) Abkühlungsgeschwindigkeit Haltezeiten hydrodynamischer Zustand (Rühren) Konzentration an gelösten/ungelösten Fremdstoffen, Keime Art des Lösungsmittels und des Solvatationszustands %% Praktisch: Anforderungen an Lösungsmittel: nicht im Feststoff löslich leicht abtrennbar bei RT flüssig Fällungsmöglichkeiten: Eindampfen ---> oder Abkühlen \downarrow aber auch Spezialverfahren: Ausfrieren des Lsg.mittels Aussalzen (starker Elektrolyt) Zerstäubungstrocknen, Gefriertrocknen Steuerung der Kristallitgröße: Arbeiten deutlich kleiner als der Schmelzpunkt sehr feinkrist. Produkte bei Massenkristallisation: Keimbildung möglichst im metastabilen Bereich Zusatz von Keimen: Kristallisation innerhalb der metastabilen Zone (keine Sekundärkeimbildung) Apparate \fbox\scriptsize PDF, Vorl. 10
Abb. 2.4.1. Kristallisatoren ‣ SVG
Verdampfungskristallisation klassierender Verdampfungskristallisator (mit Entspannungsverdampfung) - Lsg. bis kurz unter Siedepunkt erhitzen (Wärmetauscher) - Lsg. steigt im Steigrohr nach oben - im Entspannungsraum: Lsg.-M. beginnt zu sieden - übersättigte Lösung strömt durch Fallrohr und Kristallgemenge - dadurch Klassierung, große unten werden ausgetragen - kleine leichte wirken oben als Impfkristalle - auch in Serienschaltungen (Brüden zum Heizen des nächsten Kristallisators) - Vorteil: durch Zulaufmenge kann Korngröße eingestellt werden Vakuumkristallisator (Verdampfung durch Vakuum) Kühlungskristallisation Kristallisier-Rinne (Swenson-Walker) Kratzkühler - Spiralrührer entfernt Krusten von Wand - Rinne meist von außen mit Wasser gekühlt Verwendung Reinigungsverfahren (z.B. OC, KCl/NaCl) Einstellen bestimmter Morphologien/Kristallgrößen und -formen synthetische Route zu thermisch wenig belastbaren Substanzen z.B. Zeolithe, Hydrate, Carbonate, Sulfate, Phosphate abgeleitete Spezialverfahren: Hydrothermalmethode (aus überkritischer wässr. Lsg, z.B. Quarz) Sol-Gel-Synthesen
b) Kristallisation aus Schmelzen
wie aus Lösungen, nur anderes T-Niveau nur Kühlungskristallisation wenig Keime auch EK-Züchtung möglich (Kap. 2.5.) Thermodynamik = Kenntnis der PD
Abb. 2.1.1. Produkte bei Kristallisationen aus Schmelzen ‣ SVG
einfach eutektisch A oder B (\ding192, \ding194) kristallisiert erst, große Kristalle, da ausreichend Zeit dann schlagartig Eutektikum (meist polykristallin) Zusatz von A bei Kristallzucht von B: A wirkt als Flux direkt beim Eutektikum ---> \ding193 nur A und B feinkristallin kongruent schmelzende Verbindung gut (auch einkristallin) aus Schmelze der entspr. Zusammensetzung \ding196 inkongruent schmelzende Verbindung AB Abkühlung direkt bei der Zusammensetzung AB \ding198: erst B, dann AB, Rest: Eutektikum also für Präparation: A-reicher abkühlen (z.B. \ding197) oder: AB Abschrecken + unterhalb der peritektischen T tempern Mischkristallbildung keine homogene Phase: Kern mit Zusammensetzung x, Schale mit Zusammensetzung A \ding199 Verwendung bei 'unlöslichen' nicht allzu hoch schmelzenden Feststoffen hauptsächlich für Metalle, Legierungen, Halbleiter (GaAs) ---> näheres bei Kristallzüchtung (Kap. 2.5.) auch: Kristallisation von Gläsern = unterkühlte Schmelzen = Rekristallisation = Entglasung Apparate \fbox\scriptsize PDF, Vorl. 10 für polykristalline Pulver aus Schmelzkristallisationen nur bei niedrigen Mp OC Carney-Kristallisierband Kristallisierkolonne mit Rücklauf \Downarrow Sonder-Kapitel über elegante/spezielle Herstellungsverfahren von FK \Downarrow

2.4.4. Chemische Transportreaktionen

% Cheetham 1.3. % H. Schäfer, Buch Chemische Transportmethoden elegante Methode weit unterhalb der Edukt/Produkt-Mp. nach Harald Schäfer (Münster, 1970) Name: - Transport, weil eine gasförmige Komponente bewegt wird - chemisch, weil durch chem. Reaktion gasf. Komponente gebildet wird weit verbreitet für Synthese/Reinigung von FK div. Varianten Reaktionsgleichung: A(s) + B(g) \rightleftharpoons AB(g) (d.h. GG!) Experimentell: A und B in verschlossener Ampulle \fbox\scriptsize SVG, VL 2.7. Transport-Methoden \ding192 Strömungsmethoden (Transport im Gasstrom) \ding193 Diffusionsmethoden (geschlossenes Rohr oder Glühdrahtmethode) Konzentrationsgradient von AB entscheidend \ding194 Thermische Konvektion (geschlossenes Rohr oder Glühdrahtm.) T-Gradient entscheidend Transportrichtung und -temperatur = f(Thermodynamik der Rkt.) Regeln: Rkt. transportiert nur, wenn auf einer Seite der Gleichung kein Bodenkörper extreme Gleichgewichtslage = kein Transport Vorzeichen von \DeltaH bestimmt die Transportrichtung: exotherme Rkt.: von kalt nach heiß endotherme Rkt.: von heiß nach kalt Beispiele, spezielle Anwendungen (lt. Tabelle) \fbox\scriptsize VL 2.6.

Tab. 2.4.2. Was auch immer
Kapitel Produkt Reaktionsgleichung T [o C] Bezeichnung
1.1. Ni Ni(s) + 4 CO(g) --- Ni(CO)4 5?? Mond-Verfahren
Zr Zr + I2 ---- ZrI4 200 --> 1300 v.-Arkel-de-Boer-V.
1.2. Cu2O Cu2O(s) + 2 HCl(g) ---- \frac23 CuCl3(g) + H2O(g) 600 --> 900 -
TiO2 TiO2(s) + 4 HCl(g) ---- TiCl4(g) + 2 H2O (g) 1000 --> T_1 -
1.3. TiN TiN + 3 HCl ---- TiCl3(g) + 1.5 H2 + 0.5 N2 1590 --> 1450 -
- %% Au %% Au + 1.5 Cl2 ----- 0.5 Au2Cl6(g) %% 320---450 %% Transport mit um- %% %% Au + 0.5 Cl2 ----- 0.5 Au2Cl2(g) %% 800---500 %% kehrbarer Tr.-Richtung \hline \hline 2.1 %% FeI2 %% FeI2 + 0.5 I2 ----- FeI3 %% 180(I2)/520(Fe) %% Synthesen im %% %% %% %% Temperatur-Gefälle \hline 2.2 %% NiCr2O4 %% Cr2O3(s) + \frac32 O2 ----- 2 CrO3(g) %% 1100--->T2 %% Rkt-Beschleunigung %% %% 2 CrO3(g) + NiO(s) ---> NiCr2O4 + \frac32 O2 %% %% durch chem. Transport \hline 1. transportierbare Bodenkörper Anwendung: Trennung und Reinigung 1.1. Elemente kalt nach heiss = exotherme Rkt. - Mond-Verfahren zur Ni-Reinigung (DAS Beispiel) Rkt: Ni(s) + 4 CO(g) ---- Ni(CO)4 T: 50 ---- 190 o C - Van-Arkel-de-Boer-Methode (Glühdrahtmethode) Rkt: Zr(s) + 2 I2(g) ----- ZrI4 T: 200 ---- 1300 o C auch möglich: Ti u. Si ebenfalls mit I2 Abtrennung von Carbiden, Nitriden, Oxiden heiß nach kalt = endotherme Rkt. - Zersetzung endothermer Verbindungen Rkt: Ir + 1.5 O2 ---- IrO3 T: 1352 ----> 1130 o C - Disproportionierung Al über Subhalogenide: Rkt: Al + \frac12 AlX3 ---- \frac32 AlX T: 1000 ----> 600 o C 1.2 Oxide kalt nach heiss exotherme Rkt. Rkt: Cu2O(s) + 2 HCl(g) ---- \frac23 CuCl3(g) + H2O(g) T: 600 ---> 900 o C heiß nach kalt endotherme Rkt. Rkt: TiO2(s) + 4 HCl(g) ---- TiCl4(g) + 2 H2O (g) T: 1000 ---> T_1 o C 1.3 andere Verbindungsklassen diverse, z.B. TiN über TiCl4 mit HCl Spezial: Rkt, die als f(T) in unterschiedliche Richtungen laufen: a) wegen unterschiedlicher Transportspezies: Au + \frac32 Cl2 ---> \frac12 Au2Cl6(g); 320 ---> 450 o C (exotherm) Au + \frac12 Cl2 ---> \frac12 Au2Cl2(g); 800 ---> 500 o C (endotherm) b) in Abhängigkeit der Partialdrucke 2. echte Reaktionen (Präparative Verfahren) 2.1. Synthesen im Temperaturgefälle Transportmittel reagiert mit! eines der ältesten bekannten Beispiele: - Herstellung von FeI2 nach Guichard (1907) - Fe + I2 im Rohr mit T-Gradienten: Fe(530 oC) + I2 (180 oC) erhitzen - im Rohr dazwischen ---> Blättchen von FeI2 - Transport über FeI3: - Rkt.: FeI2 + 0.5 I2 ----- FeI3 entsprechend auch für Nb- und Ta-Halogenide; IrO2 über IrO3 (Passivierung) 2.2 Förderung von Reaktionen zwischen festen Stoffen Zusatz von Transportmittel, nicht im Produkt enthalten allgemein: - statt langsamer Festkörperreaktion: A(s) + B(s) ----- AB(s) - bei 2 Temperaturen: T2: A(s) + C(g) ---- AC(g) T_1: AC(g) + B(s) ---- AB(s) + C(g) Beispiel: NiCr2O4 (Spinell)-Darstellung - O2-Zusatz; T: 1100---> T2 Cr2O3(s) + \frac32 O2 ----- 2 CrO3(g) 2 CrO3(g) + NiO(s) ---- NiCr2O4 + \frac32 O2 Lit: - H. Schäfer, Buch Chemische Transportmethoden - Cheetham, Kap. 1.3.

2.4.5. Modifizierung als Synthesemethode: Austausch und Intercalation

Auch Verfahren zur Modifizierung von Festkörpern (natürlich oder vorher synthetisiert) sind präparativ wichtig. Die wichtigsten Reaktionstypen sind Intercalation (Einbau neuer Atome in bestehende Festkörper) und Austausch (Ersatz von im Festkörper vorhandenen Atomen/Ionen gegen neue). I.A. handelt es sich dabei um reversible Prozesse. Voraussetzungen des Festkörpers sind entweder 'offene' Strukturen mit Kanälen oder Tunnelsystemen (z.B. Zeolithe), Schichtstrukturen oder lamellare Strukturen (wie z.B. Graphit, TiS2). Typische Beispiele sind im folgenden zusammengestellt:
a) Intercalation
b) Austausch (meist Ionenaustausch)
Auch hier kann man wieder unterscheiden in modifizierbare Schicht- und Raumnetzstrukturen. Diese eine Beispiel zeigt bereits, daß auch Modifikationen von Festkörpern (nicht nur technisch) wichtige Synthesemethoden darstellen.
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