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Inhalt Einleitung I. Spektroskopie II. Beugung III. Bildgebung IV. Sonstige Methoden
Vorlesung: Methoden der Anorganischen Chemie

II. Beugungsmethoden

6. Elektronenbeugung


Vorlage(n)


1. Einleitung

Bei der Elektronenbeugung wird die Wechselwirkung der Elektronen mit den Atomkernen genutzt. Die von jedem Atom ausgehenden Kugelwellen überlagern sich dabei wieder nach dem Huygens-Prinzip und es treten Richtungen positiver und negativer Interferenz auf (vgl. Prinzip der Beugung, analog Röntgenbeugung. Verwendet werden Elektronen mit Energien von ca. 40 keV, entsprechend einer Wellenlänge von 6 pm. Die Unterschiede zur Röntgenbeugung sind Zusätzlich ergeben sich experimentelle Schwierigkeiten: Da Elektronen nur im Vakuum erzeugt und gelenkt werden können, ist ein teures Elektronenmikroskop erforderlich. Darin können keine Proben untersucht werden, die nicht Vakuum-stabil sind. Die Elektronenbeugung wird daher nur für eher speziellere Fragestellungen und Anwendungen verwendet:

2. Elektronenbeugung an Gasen

Obwohl die Moleküle im Gas in statistischer Verteilung, d.h. vollkommen ungeordnet, vorliegen, mitteln sich positive und negative Interferenz nicht aus. Die Ableitung der wichtigsten Gleichungen ist zwar kompliziert, beruht aber im wesentlichen auf der Bragg-Beziehung.

Annahme: Im Elektronenstrahl befindet sich ein zweiatomiges Molekül aus zwei gleichen Atome i und j. Die Wellenlänge der Elektronen liegt im Bereich des Abstands rij der beiden Atome. Von jedem Atom geht wieder eine Kugelwelle aus, δ ist die Weglängendifferenz zwischen den beiden Kugelwellen. Für die Phasendifferenz δ gilt analog zur Bragg'schen Gleichung: 2πλδ Auslöschung (d.h. negative Interferenz) erfolgt bei der Phasendifferenz π: δ=λ2 Aus der Überlagerung der beiden Kugelwellen resultiert die Amplitude: A=A0 +A0 e2πiδ λ Für die Intensität folgt daraus: I=A2 =4A0 2co s2( πδλ ) oder ganz allgemein für ein beliebig grosses Molekül: I i j AiAj co s2( πδi jλ ) Die Doppelsumme kann aufgeteilt werden: I(θ) iA i2Atome + i jN jN AiAj cos 2( πδi jλ ) Molekuel Dann muß über alle Orientierungen des Moleküls integriert werden (nicht trivial): Itotal =14 π Itot. (θ) dω Als Lösung erhält man insgesamt: Itot. iNAi2+ i jN jNA iAjsin srij srij wobei für s gilt: s=4 πλsinθ2 Die praktischen Folgen hieraus ergeben sich aus der Tatsache, daß die Funktion sinxx Nullstellen hat, d.h. kein gleichmäßiger Abfall der Intenstität mit Θ erfolgt.

Vergleicht man s mit der Bragg'scher Gleichung λ=2d sinΘ oder umgeformt ... 1d= 2λsin Θ dann wird deutlich, daß s mit dem reziproken Netzebenenabstand vergleichbar ist. Die Fouriertransformation von I (der abstandsabhängigen Streuintensitäten) ergibt eine der Pattersonfunktion vergleichbare Information, jedes Maximum repräsentiert einen Kombinationsvektor zwischen zwei Atomen mit der entsprechenden Peakfläche, die proportional zum Produkt der beiden Kernladungszahlen ist. Bei der Elektronenbeugung an Gasen erhält man also keine scharfen Reflexe wie bei kristallinen Festkörpern im Röntgenfall, aus den Beugungsmustern können aber die Abstände im Molekül sehr genau bestimmt werden. Auch Informationen über Schwingungen sind zugänglich. Der Untergrund ist jedoch sehr hoch, da nur 1 % der Elektronen gebeugt werden. Dadurch entfällt aber auch das Problem von Mehrfachstreuung.

Experimentell ist die Methoden sehr aufwendig. Als Elektronenquellen werden Elektronenmikroskopie verwendet und die Elektronen auf Energien im Bereich zwischen 40 bis 100 keV beschleunigt (ohne relativistische Korrektur): \lambda = \frac{h}{\sqrt{2meV}} Intensität: Ströme: 0.1 $\mu$A für einige Sekunden bis Minuten Messzeit Zwei Möglichkeiten/Arten von Elmis

  1. Bei der thermische Emission wurde ein W- oder LaB6-Kathode (Haarnadel, 2 cm lang, 0.5 mm dick) auf ca. 3000 K (kT = 0.2 eV) erhitzt und ein Potential zwischen dieser Kathode und der Anode von 1-50 keV angelegt. Die beschleunigten Elektronen werden mit Steuerelektroden (Wehnelt-Zylinder) fokussiert. Die thermische Emission ist zwar preisgünstiger, die erreichten Intensität sind jedoch gering (einige mA) und die Energiebreite ist mit 0.3 bis 0.6 eV (bestimmt durch Boltzmann-Verteilung) vergleichweise breit.
  2. Bei der Feldemission wird ein sehr hohes elektrisches Feld an eine stabförmige W-Kathode (oft ein Einkristall mit dünner Spitze von ca. 100 nm Feldstärke: 107V/cm) angelegt und für die Elektronenemission damit der Tunneleffekt ausgenutzt. Feldemissionsmikroskopie sind zwar teurer und es ist auch ein besseres Vakuum (10-10 Torr) erforderlich, die Vorteile sind aber bessere Energieschärfe und Intensität und ein kleinerer Strahldurchmesser. Diese Methode ist für den Rasterbetrieb geeignet.
Der Gesamtaufbau eines gewöhnlichen Elektronenmikroskops im Strahlengang: Düse (0.3 mm); Druck 10 Torr Rotating Sector (rotierende Metallscheibe, geformt, da"s innen Intensität abgeschwächt) Primärstrahlfänger Detektor: 2 Filme/Photoplatte/Imaging Plate-Detektoren rotieren schnell (Spinning Plate) elmi.eps duesen.ps {\bf Vorgehensweise:} Messung von I f(r) aus Fourier-Transformation: $f^E(r)=\int_0^{s_{max}} s M^E(s) e^{-as^2} \sin{sr} ds$ a wird nach weiteren Kriterien gewählt Integration ab 0 nicht möglich! Anwendungen sehr genaue Bestimmung von Atomabständen/Winkeln (Zahlen: Vergleich Röntgenstruktur - $e^-$-Beugung) temperaturabhängige Informationen über Molekülbewegungen Breite der Peaks = f(Bewegung der betreffenden Atome zueinander) Fläche der Peaks = $ \frac{n_{ij}Z_iZ_j}{r_{ij}}$ mit MS gekoppelt $\mapsto$ Bestimmung von Gasphasenreaktionen {\bf Nachteil}: Abstände sind über Schwingungen gemittelt (Beugungsmethode) nicht für komplizierte Moleküle (Peaküberlappung) Probe mu"s verdampfbar sein

Beispiel SO_2Cl_2 (Sulfurylchlorid)} (genaue Molekülstruktur)

  1. Beugungsmuster} auf Photoplatte elbeugung1.ps
  2. Intensitätsverläufe auf den beiden Platten (untersch. Abstand) als f(s); reziproke Länge! Untergrund hoch; theoretisch bekannter Verlauf elbeugung2.ps
  3. Untergrund abgezogen, beide Platten addiert elbeugung3.ps
  4. Fouriertransformation liefert die radiale Verteilungsfunktion, daraus sehr genaue Atomabstände: elbeugung4.ps Peakfläche = f(Z beider Partner)
!!! in Flüssigkeiten und Gläsern ähnliche Infos

3. Elektronenbeugung an Oberflächen (LEED)

Prinzip Ausnutzung der geringen Eindringtiefen von Elektronen kleine mittl. freie Weglänge Oberflächensensitiv Verfahren RHEED (Reflection High Energy Electron Diffraction) hochenergetische $e^-$, aber streifender Einfall LEED (Low Energy Electron Diffraction) $e^-$ mit nur ca. 500 eV $e^-$ Anwendungen \ding{192} RHEED in-situ Schichtkontrolle bei HL-Herstellung (RHEED) \ding{193} LEED Beugung an periodischen Oberflächenmustern (LEED) z.B. Belegung von Oberflächen mit Gasatomen/Molekülen Beschreibung: 2-dim. Kristallographie (5 Kristallsysteme, 17 Flächengruppen) s. Beispiel unten Experimentelles LEED leed_experimentelles.ps Leuchtschirm, $e^-$: 20-500 eV Beispiel (LEED) O auf Cu(110)-Oberfläche elmi1.ps elmi2.ps gro"se Belegung: 2x1-"Uberstruktur geringe Belegung: c(6x2)-"Uberstruktur Auswertung praktisch:} Vergleich mit Simulation

4. EXAFS

Es gibt einige sehr schöne Seiten zur EXAFS: EXAFS = Extended X-ray absorption fine structure $\mapsto$ ''innere Elektronenbeugung'' {\bf Prinzip:} Röntgenstrahlen werden von fester Probe absorbiert (vor allem von 'schwereren' Metallatomen) oberhalb der Absorptionskante: $e^-$ werden herausgeschlagen = sphärische Welle "Uberlagerung mit bzw. Rückstreuung von den benachbarten Atomen $\mapsto$ Oszillationen des Absorptionkoeffizienten auf der Hoch-Energie-Seite durch eine Art innere $e^-$-Beugung {\bf Information:} Abstand absorbierender Atom zu Nachbarn (lokale Symmetrie) Absorber: Schweratom (z.B. Metallkomplexe; auch bei Gläsern, Flüssigkeiten usw.) {\bf Experimentelles} genaue Vermessung der Absorptionskante braucht hochenergetische, durchstimmbare Röntgenstrahlung (Synchrotron) {\bf Auswertung} s. $e^-$-Beugung an Gasen {\bf Vorteile} keine Kristalle nötig(auch Gläser, Gase, Flüssigkeiten für fast alle Metallatome geeignet nur Umgebung des jeweiligen Metallatoms wird beobachtet {\bf Beispiel:} Co-Komplex $Co_2(P\phi_2)_2cp_2$ \psfig{figure=./Scan_bilder/smic4.ps,width=2.5cm,angle=180.} Absorptionskoeffizient als f(Röntgenenergie) \psfig{figure=./Scan_bilder/smic1.ps,height=4.5cm,angle=0.} Röntgenabsorptionsspektrum (Co K-Kante = 1s wird raugeschlagen) hinter der Kante Absorption und Emmission von $e^-$ Feinstruktur als f($\kappa^3 \chi$) ($\kappa \sim \underbrace{s}_{e^--Beugung} \sim \underbrace{\frac{1}{d}}_{Röntgenb.} \psfig{figure=./Scan_bilder/smic2.ps,height=4.0cm,angle=0.} $\Downarrow$ Fourier-Transformation Radiale Verteilungsfunktion (s. Patterson oder $e^-$-Beugung) \psfig{figure=./Scan_bilder/smic3.ps,height=4.0cm,angle=0.} $\mapsto$ recht genaue Abstände, auch wenn nicht kristallin: z.B. Co-Co-Abstand: 203.4(4) pm
Abb. II.5.1. Vierkreisdiffraktometer Enraf-Nonius CAD-4 mit Szintillationszähler und Kappa-Goniometer
Fh = j=1 Nfj e2πi (h xj )
Tab. II.5.1. Reziproker, realer und Patterson-Raum
Raumreziprokreal Patterson/Vektor
Ort (Koordinaten) h =h, k, l x =x, y, z u =u, v, w mit u=x1-x2, u=y1-y2, u=z1-z2
Amplitude Stukturfaktor F Elektronendichte ρ Pattersonfunktion P
Symmetrie 11 Laueklassen 32 Punktgruppen 24 Pattersongruppen
81 Beugungssymbole aus F2 230 Raumgruppen Harker-Geraden, -Schnitte
keine Translationssymmetrie translationssymmetrisch keine Translationssymmetrie
Fh = ρx e2πi h x dV ρx =1V h F h e-2 πi h x Pu =1V hF h 2e-2 πi h u
Pu =1V V ρx ρx +u dV

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