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Vorlesung: Silicatchemie

7. Schicht(Phyllo)-Silicate

7.5 Natürliche Schichtsilicate


7.5.1 Übersicht, Allgemeines

Strukturprinzip
Gemeinsames Strukturelement fast aller natürlichen Schichtsilicate sind ebene Silicatschichten, in denen die Tetraeder über drei der vier Ecken verknüpft sind.

Abb. 7.5.1. Strukturprinzipien der Schichtsilicate SVG links und SVG rechts

Die Polyederdarstellung (Abb. 7.5.1. links bzw. rechts 1) zeigt, dass sich als Elementarzellinhalt Si2O3O4/2 = [Si2O5]2- ergibt. In der Kugeldarstellung (Abb. 7.5.1. rechts 2 und 3) sind die Sauerstoffatome der Tetraederbasisflächen auf Kontakt dargestellt (gestrichelte Kugeln), die freien Tetraederspitzen (zwei Stück pro Elementarzelle) sind als rote Kugeln gezeichnet (Elementarzellinhalt Si2(Ounten,MitteO4/2unten,Kanten) (O2Spitzen)2- = [Si2O3O2]2-). Die Tetraederspitzen alleine bilden eine ebene 63-Schicht mit großen sechseckigen Lücken. In den Schichtsilicaten sind - wie bei den Amphibolen - weitere O- bzw. OH-Atome (blau) in diese Lücken eingebaut, so dass sie gemeinsam mit den Tetraederspitzen (rot) eine dichte Kugelpackung in der Ebene (Orientierung A) bilden. Die Formel (Elementarzellinhalt) erweitert sich damit auf [Si2O3O2(OH)]3- = [Si2O5(OH)]3-. Auf diese dichte Packung folgt stets eine weitere O/OH-Schicht (grün, 5) der Orientierung B. Zwischen den beiden dichten Schichten liegen insgesamt drei Oktaederlücken/EZ, so dass die Zusammensetzung [Si2O5(OH)](O/OH)3 folgt. Je nachdem, ob die Schicht B nur aus OH--Ionen oder aus einer umgekehrt angeordneten zweiten Silicattetraeder/OH-Schicht besteht unterscheidet man weiter:

In beiden Fällen liegen zwischen den dichten Schichten A-B drei oktaedrische Lücken, in denen Kationen zum Ausgleich der Schichtladung von 6- (für T=Si) eingebaut werden. Je nach der Zahl der Kationen unterscheidet man sowohl für kationenreiche als auch für kationenarme Schichtsilicate jeweils zwei Gruppen:
Die Bilder-Serien in Tabelle 7.5.1. zeigen je ein Beispiel für ein dioktaedrisches Zweischichtsilicat (Kaolinit, oben) und für ein trioktaedrisches Dreischichtsilicat (Talk, unten).

Tetraederschichten für beide + OH-Schicht für beide Kaolin: dioktaedrisch Kaolin: Zweischicht-S.
VRML VRML VRML VRML, ganze EZ
Talk: trioktaedrisch Talk: Dreischicht-S.
VRML, beide Tetraeders. VRML, ganze EZ

Tab. 7.5.1. Strukturen verschiedener natürlicher Schichtsilicate

Zusätzliche Variationen von Schichtsilicattypen entstehen durch eingelagerte Kationen bei geladener Schicht (s. Kap. 7.5.4.) oder durch eingelagerte Metall-Hydroxid-Schichten (s. Kap. 7.5.5.).
Die folgende Abbildung 7.5.2. gibt eine Übersicht über die wichtigsten Varianten:

Abb. 7.5.2. Strukturen verschiedener Schichtsilicate SVG

Die Mineralgruppen sind in tabellarischer Übersicht in Abb. 7.5.2. zusammengestellt (Z=Zahl der Schichten)

Z T nicht hydratisiert hydratisiert
dioktaedrisch trioktaedrisch dioktaedrisch trioktaedrisch
2 Si Kaolinit Serpentin Hydrohalloysit -
Al2[Si2O5(OH)4] Mg3[Si2O5(OH)4] Al2[Si2O5(OH)4] . (H2O)2 -
B+M B+M
Si/Al Donbassit Berthierine - -
3 Si Pyrophyllit Talk Montmorillonit Saponit
Al2[Si4O10(OH)2] Mg3[Si4O10(OH)2] Mg0.33Al1.67[Si4O10(OH)2] . (Ca,Na)x(H2O)n (Mg,Fe)3[Si4O10(OH)2] . (Ca,Na)x(H2O)n
(B+M) (B+M) L3 L4
Si/Al Glimmer Vermiculite
Muskovit Biotit - -
KAl2[AlSi3O10(OH)2] K(Mg,Fe)3 [AlSi3O10(OH)2] (Mg,Al,Fe)2 [AlSi3O10(OH)2] . (Mg,Ca)x(H2O)n (Mg,Fe)3 [AlSi3O10(OH)2] . (Mg,Ca)x(H2O)n
L1 L2 L3 L4
4 Si - - - -
Si/Al Sudoit Chlorit - -
Al2[AlSi3O10(OH)2] . A2.33(OH)6 Mg,Fe,Al)3[(Al/Si)4O10(OH)2] . (Mg,Fe)3(OH)6 - -
L1 L2 L3 L4

Tab. 7.5.2. Tabellarische Übersicht zu natürlichen Schichtsilicaten mit Links zur Mineralogie (M) und Bildern (B)

In den folgenden Abschnitten werden die wichtigsten Schichtsilicate besprochen: in Kap. 7.5.2. zunächst die neutralen Zweischichtsilicate Kaolinit und Serpentin, im Abschnitt 7.5.3. die neutralen Dreischichtsilicate Talk und Pyrophyllit. Die Kapitel 7.5.4. und 7.5.5. beschreiben die geladenen Alumosilicate vom Glimmer- bzw. Chlorit-Typ.

7.5.2. Serpentin, Kaolinit (Zweischichtsilicate)

Zweischichtsilicate weisen eine T-O-Stapelung ohne weitere Kationen zwischen den Schichten auf (Ausnahme: Alumosilicate der Donbassit und Berthieringruppe). Der Ladungsausgleich erfolgt durch die Kationen in den Oktaederlücken, so dass; wie oben unterschieden werden kann:
  1. Besetzung aller drei Lücken/Formeleinheit liegt in den trioktaedrische Mineralien vor. Wichtigster Vertreter ist (mit Mg36+ zum Ladungsausgleich) der Serpentin Mg3[Si2O5(OH)4]).
  2. Sind nur zwei der drei Okatederlücken besetzt, so liegen dioktaedrische Mineralien vor. Im Kaolin gleichen zwei Al-Ionen (Al26+) die Schichtladung aus. Entsprechend ergibt sich die Formel Al2[Si2O5(OH)4].
Obwohl Magnesium und Aluminium die wichtigsten Kationen in Zweischichtsilicaten sind, sind auch Mineralien mit diversen anderen Kationen bekannt: Bei allen kationenreichen Schichtsilicaten bestehen Passfehler zwischen der Tetraeder- und der Oktaederschicht, die Spannungen der Doppelschicht zur Folge haben. Bei großen Kationen (z.B. Mg32+) ist die Oktaederschicht größer als die Tetraederschicht (l1 > l2). Der umgekehrte Fall tritt bei kleinen Kationen z.B. Al23+ auf: Hier ist l1 < l2, d.h. die Tetraederschichten sind größer als die Oktaederschichten.

Abb. 7.5.3. Abbau der Spannungen in T-O-Doppelschichten SVG

Der Ausgleich dieser Spannungen (s. Abb. 7.5.3.) wird erreicht durch:

Abb. 7.5.4. Fotos von aufgearbeitetem bzw. natürlichen Chrysotilasbest (Weißasbest)

Die Stapelung der Schichten ist in den Zweischichtsilicaten nie ganz regelmäßig, so dass auch verschieden reaktionsfähige Kaolinite folgen. Bei der Stapelung wird eine maximale H-Brücken-Ausbildung angestrebt. Als Fehlordnung kommen sowohl Translationsfehlordnungen (Schichten gegeneinander verschoben) als auch Substitutionsfehlordnungen (z.B. Variation des Al-Mg-Verhältnisses) vor.

Zu den beiden wichtigsten Vertretern:

  1. Serpentin Mg3[Si2O5(OH)4] kommt je nach der Art des Spannungsausgleichs als faseriger Serpentin (Chrysotil) (B+M) oder blättriger Serpentin (Antigorit) (B+M) vor. Die Faserform wurde früher in großem Umfang als Asbest eingesetzt.
  2. Kaolinit Al2[Si2O5(OH)4] ist in der Natur sehr häufig, kann aber auch synthetisch aus Kieselsäure und Al(OH)3 hergestellt werden. Er bildet sehr dünne, nur wenige 100 Angstroem dicke Blättchen, die weiß und weich (plastisch) sind. Kaolinit ist durch Intercalation quell- und schrumpfbar und weist gutes Bindevermögen auf. Kaolinit bildet mit wenig Na2CO3-Lösung oder Wasserglas eine Flüssigkeit, die Thixotropie zeigt. Aufgrund der genannten Eigenschaften findet Kaolinit vielfache Anwendung: Kaolinit kann verschiedene Arten von Reaktionen eingehen, die an den drei Arten von Oberflächen stattfinden:

7.5.3. Talk, Pyrophyllit (Dreischichtsilicate)

Die reinen Dreischichtsilicate (kein Al auf den T-Plätzen) enthalten neutrale T-O-T-Schichten ohne Kationen zwischen den Schichten. Der Ladungsausgleich erfolgt durch die Kationen in der Oktaederschicht, so dass wieder die obengenannte Unterschiedung der Minerale möglich ist:
  1. In trioktaedrischen Mineralien sind alle drei Oktaederlücken besetzt, der wichtigste Vertreter mit Mg36+ zum Ladungsausgleich ist der Talk Mg3[Si4O10](OH)2.
  2. Bei Besetzung von zwei Lücken pro Formeleinheit (dioktaedrische Mineralien) ist der Grundtyp wieder die Al-Verbindung (Al26+), der Pyrophyllit Al2[Si4O10](OH)2.
Zu den beiden wichtigsten Vertretern:
  1. Im Talk Mg3(OH)2[Si4O10] liegen neutrale Schichten vor, so dass zwischen ihnen nur schwache Anziehungskräfte (van der Waals) wirken. Entsprechend ist Talk sehr weich (Mohs-Härte 1-2), fühlt sich fettig an und zeigt gute Schichtenspaltbarkeit. Jährlich werden mehrere Megatonnen Talk gewonnen, die als Puder, Schmiermittel, Poliermittel, Füllmaterial für Papier, Schneiderkreide, Speckstein (leicht bearbeitbarer Stein, Steinschnitzerei) und als Rohstoff für Elektrokeramik Verwendung finden.
  2. Pyrophyllit Al2[Si4O10](OH)2 zeigt ähnliche Eigenschaften wie der Talk, wobei das Mineral häufig durch Fe-Anteile grünlich gefärbt ist. Auch die Verwendung ist ähnlich wie bei Talk. Pyrophyllit wird darüberhinaus als 'Futtermaterial' für Höchstdruckzellen bei der Diamantsynthese eingesetzt.
Wenn zwar dioktaedrische Minerale vorliegen, bei denen sich aber Mg statt Al auf den Oktaederpositionen befindet, entstehen die geladenen Schichten des hydratisierten Montmorillonits (s. unten für unterschiedliche Prinzipien zur Erzeugung von Ladung der T-O-T-Schicht).

??? Rest-Links ???
Talk M, B Phyrophyllit , M, B, B

7.5.4. Glimmerartige Schichtsilicate (Dreischichtalumosilicate)

Die Glimmerartigen Schichtsilicate enthalten geladene Dreier-Schichten (T-O-T). Je nach Ursache für die Schichtladung unterscheidet man die verschiedenen Ladungstypen:
  1. Erfolgt ausgehend vom Pyrophyllit Al2[Si4] die Modifizierung der Oktaederschicht, so liegt der Montmorillonitische Ladungstyp vor (Austausch von Aluminium gegen Magnesium auf den Oktaederplätzen).
  2. Wird die Tetraederschicht z.B. durch den Austausch von Silicium gegen Aluminium modifiziert, so liegt der Beidellitische Ladungstyp vor.
    Häufige Fälle für den Beidellitischen Ladungstyp sind:
    • [(AlSi3O10)](OH)27- (Alkali-Glimmer)
    • [(Al2Si2O10)](OH)28- (Sprödglimmer)
In beiden Fällen erfolgt der Ladungsausgleich durch (auch hydratisierte) Kationen zwischen den Schichten. Häufig sind hier Na+, K+ und Ca2+, die von 12 Sauerstoffatomen koordiniert sind. Die Ladung wird auch wieder durch die Kationen in der zentralen Oktaederschicht des Dreifachschichtpacketes bestimmt. Nach den letzteren unterscheidet man wieder in:
  1. Dioktaedrische Mineralien (zwei Oktaederlücken besetzt) der Muskovit-Reihe. (Muttertyp mit Al26+: Muskovit KAl2[AlSi3O10](OH)2
  2. Trioktaedrische Mineralien (alle drei Lücken besetzt) der Biotit-Reihe. (Muttertyp mit Fe/Mg36+: Biotit K(Fe/Al)3[AlSi3O10](OH)2
Insgesamt sind zahlreiche Variationen geladener Dreischichtsilicate denkbar. Ausgehend von der allgemeinen Formel:
(Al2-yMgy)[Si4-xAlxO20(OH)2](x+y)-

können Mineraliengruppen für unterschiedliche Werte von x und y (x+y: Schichtladung) unterschieden werden (DO=dioktaedrisch, TO=trioktaedrisch):

x+y Mineralfamilie
0-0.25 Hektorite
0.25-0.55 Smektite: (häufig: 0.33) Montmorillonite (DO, T=Si4)
Beidellite
0.55-0.70 Vermiculite (TO, auch DO; häufig: 0.66)
0.70-1.20 Glimmer allgemein (Muskovit DO, Biotit TO)
x+y=0.70-0.90 Illite
x+y=0.90-1.2 Serizite
2 Sprödglimmer Margarit CaAl2[Al2Si2]
Xanthophyllit CaMg3[Al2Si2]

Tab. 7.5.3. Glimmerartige Minerale (geladene Dreischichtsilicate) DO: Dioktaedrische Minerale; TO: Trioktaedrische Minerale

Je höher die Schichtladung (x+y), umso härter sind die Minerale und die Schichtenspaltbarkeit nimmt ab: Während die neutralen Hektorite (z.B. Talk und Pyrophyllit ein Mohshärte von 1-2 aufweisen, steigt sie in den Glimmern auf 2-3 und schließlich bei den Sprödglimmern mit einer Schichtladung von 2 auf 3.5 bis 5.
Silicate mit x+y zwischen 0.2 und 1.2 sind durch Hydratisierung der eingeschlossenen Kationen quellbar. Unterhalb von 0.2 stehen zuwenige Kationen für die Quellung zur Verfügung. Oberhalb x+y=1.2 ist die Schichtladung zu hoch für eine Quellung.

Vorkommen, Eigenschaften und Verwendung der wichtigsten glimmerartigen Mineralien

Abb. 7.5.5. Fotos von Glimmern (links: Lepidolith, rechts: Muskovit)

Links zur Mineralogie (M) und Bilder (B) von Glimmern
Glimmer (Übersichten) M, B+M Biotit B+M, B, B, B, M
Lepidolith (Li-Glimmer) B+M, B, B, B Phlogopit B, B+M
Montmorillonit B+M, M, B Muskovit B+M, M, B M, B, B
Fuchsit (Cr-Muskovit) B+M, B, B Smectit B+M
Vermiculit B+M Illit B+M
Margarit B+M

7.5.5. Chlorit (Vierschichtalumosilicate)

Vierschichtsilicate enthalten zwischen den T-O-T-Dreifachschichten zusätzlich Brucit- (trioktaedrisch) bzw. Hydrargillit- (dioktaedrisch) Schichten. Reine Silicate sind unbekannt, es sind nur Vierschichtalumosilicate mit geladenen Dreischichtalumosilicate (T-O-T) bekannt. Je nachdem, ob als vierte Schicht Al(OH)3 oder Mg(OH)2 eingelagert ist, unterscheidet man:
  1. Bei Besetzung von zwei Lücken/Formeleinheit dioktaedrische Mineralien. Z.B. Sudoit.
  2. Bei Besetzung von drei Lücken/Formeleinheit trioktaedrische Mineralien Z.B. Chlorit (B+M, M, B)

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