Vorlesung Intermetallische Phasen
5. Phasen mit kovalenten Bindungsanteilen (B-B)
5.1 Grimm-Sommerfeld-Regel, Mooser-Pearson-Konzept
Die Verbindungen der B-Elemente miteinander zeichnen sich (wie die
entsprechenden Elemente selber) durch deutliche kovalente Bindungsanteile
aus. Damit lassen sie sich zum großen Teil nach den gängigen Regeln
kovalenter Verbindungen, d.h. letztlich der 8-N-Regel, strukturell
verstehen.
Für die physikalischen Eigenschaften ergeben sich entsprechend
halbleitende Eigenschaften, d.h. schmale Bandlücken.
Von der 8-N-Regel sind einige Varianten und Verallgemeinerungen in Gebrauch,
z.B. die Grimm-Sommerfeld-Regel bzw. die sogenannte
Mooser-Pearson-Beziehung.
Die Grimm-Sommerfeld-Regel lautet
Binäre Verbindungen von Elementen der N-k. und der N+k.ten Hauptgruppe
besitzen Eigenschaften der Verbindungen der N. Hauptgruppe.
Sie beschreibt damit letztlich nichts anderes, als die Isosterie zu den
zugehörigen Elementen.
Strukturell handelt es sich entsprechend in vielen Fällen um Überstrukturen der
Elementstrukturen: Z.B. ist die
Zinkblende (ZnS) und damit die technisch wichtige
Klasse der III-V-Halbleiter eine Überstruktur der
Diamantstruktur (d.h.
auch von Si). GeSe kristallisiert in einer Überstrukturvarianten von schwarzem
Phosphor, GeTe ist entsprechend vom
grauen Arsen abgeleitet.
Ein ionischer Ansatz ist Basis der Mooser-Pearson-Beziehung für
Verbindungshalbleiter. Hiernach gilt:
(ne + ba - bc)/na = 8
wobei:
- n: Zahl
- b: Bindung
- e: Elektronen
- a: Anionen
- c: Kationen
- ne: Summe der Valenzelektronen/Formeleinheit
- ba: Zahl der an Anionen-Anionen-Bindungen beteiligten Elektronen
- bc: Zahl der an Kationen-Kationen-Bindungen beteiligten Elektronen oder Zahl der freien Elektronen am Kation
- na: Gesamtzahl der Anionen
Als Beispiel folgt aus dieser Beziehung
der Spezialfall der binären Grimm-Sommerfeld-Verbindungen wie z.B.
GaAs, d.h. für den Fall von Tetraederraumnetzstrukturen:
- Summe der Valenzelektronen: ne = 3 + 5 = 8
- Zahl der Anion-Anion-Bindungen na = 0
- Zahl der Anionen na = 1
- und damit: (8 + 0 - 0)/1 = 8
Die Mooser-Pearson-Beziehung gilt aber auch für Strukturen mit vollkommen anderen
Bauverbänden. Als Beispiel
GaSe. Die Struktur enthält Schichten wie
graues As. Die As-Positionen werden abwechselnd von Ge- und Se-Atomen
besetzt. Zwei
solcher Schichten sind jeweils über direkte Ga-Ga-Bindungen kondensiert.
Damit ist Se dreibindig, Ga insgesamt tetraedrisch koordiniert (vierbindig),
wie für Ga- neben Se+ zu erwarten wäre.
Die Rechnung nach dem Mooser-Pearson-Konzept
(ne = 3 + 6 = 9) ergibt: (9+0-1)/1 = 8.
Im folgenden Abschnitt soll kurz auf die
wichtigsten Verbindungs-Halbleiter, die III-V- und die II-VI-Verbindungen eingegangen werden.