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Vorlesung: Silicatchemie

1. Einleitung

1.3. Klassifizierung und Nomenklatur der Silicate


Klassifzierung

Erste Ansätze zur Klassifizierung der Strukturchemie der Silicate gehen auf Bragg (1930) zurück, der die Verknüpfung von [SiO4]-Tetraedern als Ordnungsprinzip verwendete. In der Einteilung nach Belov wird dagegen der Kationenverband für die Gruppierung der Silicate verwendet, was jedoch bei unterschiedlichen Kationenkoordinationen verschiedener Modifikationen zu Problemen führt. Z.B. bei den unterschiedlichen Modifikationen von Al2SiO5, dem Kyanit Al[6]2[SiO4][O], dem Andalusit (Al[5]AlVI[SiO4][O]) und dem Sillimanit (AlVI[AlIVSiO4][O]). Die Nomenklatur nach Liebau, die unten im Detail besprochen wird, ist als erweiterte Bragg-Systematik anzusehen. Die Benennung der Silicate nach der IUPAC-Nomenklatur führt zu extrem unübersichtlichen und komplizierten Benennungen und ist für das Verständnis der Strukturchemie wenig hilfreich.

In der in der Strukturchemie gebräuchlichen kristallchemische Klassifizierung der Silicate nach Liebau werden die folgenden Parameter für die Einteilung verwendet:

  1. Nan = Zahl der Anionentypen: Dieser Parameter bestimmt, ob in einem bestimmten Silicat einheitliche oder mehrere verschiedene Anionen vorliegen. (Im folgenden fast immer gleich 1).
  2. CN = Koordinationszahl: Die Koordinationszahl von Silicium ist überwiegend 4, seltener 5 oder 6.
  3. L = Linkedness, Verknüpfungstyp: Der Verknüpfungstyp der [SiOn]-Polyeder beschreibt die Zahl der gemeinsamen Sauerstoffatome zwischen zwei Polyedern. Danach kann unterschieden werden in:
    Abb. 1.3.1. Linkedness SVG
    Für den Verknüpfungsgrad von [SiO4]-Tetraedern d.h. bei den wichtigsten Silicaten, bleiben also nur L=0 und L=1. Der Grund hierfür liegt im geringen Abstand d der Polyederzentren, der, wenn man ihn mit dem Ionenradius rO2- von 140 pm berechnet, für die Verknüpfung über Ecken 343 pm, bei Kantenverknüpfung 198 pm und schließlich bei Flächenverknüpfung nur noch 114 pm beträgt.
  4. C = Connectedness, Verknüpfungsgrad: Der Verknüpfungsgrad eines bestimmten [SiOn]-Polyeders in einem Silicat ist die Zahl s anderer [SiOn]-Polyeder, mit denen das Polyeder verknüpft ist. Als Symbol ist Qs in Gebrauch. Wichtig ist, daß C unabhängig von L ist.
    Abb. 1.3.2. Connectedness, Verknüpfungsgrad SVG
    D.h. also:
  5. B = Branchedness, Verzweigtheit: Anhand dieses Parameter wird eine Unterscheidung getroffen, wie stark die Bauelemente verzweigt sind. Danach unterscheidet man in:
  6. D = Dimensionalität der Anionen. Danach wird unterschieden in:
  7. M = Multiplizität: Unter der Multiplizität wird die Zahl M bestimmter Baueelemente (Polyeder, Ketten, Ringe, Schichten), verstanden, die zu einem Verband derselben Dimensionalität verknüpft sind (z.B. Doppelketten, Dreifachketten, Doppelschichten usw.). M ist bei Silicaten maximal 5. Zur Bennenung werden im Deutschen die Bezeichnungen Einfach (M=1), Doppel (M=2), Dreifach (M=3) usw., im Englischen entsprechend single, double, triple, fourfold (quadruple), verwendet.
    Abb. 1.3.4. Multiplizität SVG
    Die Abbildung 1.3.4. zeigt den entsprechenden Fall für Ketten als Beispiel. Wenn die Multiplizität unendlich wird, wird ein Bauelement mit einer um 1 erhöhten Dimensionalität erzeugt.
  8. P = Periodizität: Die Zahl der Tetraeder, Ringe oder Schichten nach denen sich das Motiv wiederholt, wird als Periodizität bezeichnet. Die Benennungen (die auch im Englischen verwendet werden) sind Einer- (P=1), Zweier- (P=2), Dreier- (P=3), usw.
    Abb. 1.3.5. Periodizität SVG

Das kristallchemische System der Silicate nach Liebau wird anhand der in Tabelle 1.3.1. genannten Parameterreihenfolge getroffen.
Klasse CN im Folgenden fast immer = 4
Subclass L im Folgenden immer L=0 (isoliert) oder L=1 (eckenverknüpft)
Branches B verzweigt oder unverzweigt (am wichtigsten: uB)
Ordnung M Wiederholungen der Einheit
Gruppe D Dimensionalität
Untergruppe r oder t Ringe oder terminiert
Famlilie P Periodizität: Detaileinteilung nach der Konformation

Tab. 1.3.1. Paramterreihenfolge bei der Benennung der Silicate nach Liebau

Andere Nomenklaturen: In der chemische Nomenklatur wird für eine Verbindung der allgemeinen Zusammensetzung ArO s SiO2 nach den Elektronegativitätsverhältnissen unterschieden:

Die weitere Einteilung dieser Silicate erfolgt nach D und M gemäß der Tabelle 1.3.2. (in Klammern die mineralogischen Namen).
Dimens. M ‣ 1 2 3 4 ...
0 Oligo-tMono- Di- Tri- Tetra- ...
(Neso-/Nesosub-)Soro- ‣ ‣ ‣
Cyclo-rMonocyclo- Dicyclo- Tricyclo- Tetracyclo- ...
1 Poly-(Ino-) Monopoly- Dipoly- Tripoly- Tetrapoly- ...
2 Phyllo- Monophyllo- Diphyllo- Triphyllo- Tetraphyllo- ...
3 Tecto- Tecto-
Tab. 1.3.2. Einteilung und Benennung der Silicate nach D und M

Es gibt eine Reihe weiterer auch graphischer Einteilungen. Wichtig ist, daß das System der Tabelle oben zyklisch ist, d.h. daß Erhöhung von M ins unendliche schließlich in die folgende Zeile führt.

Die Mineralogische Nomenklatur ist bestimmt von Trivialnamen, die nach den verschiedensten Kriterien gewählt wurden. Z.B. nach

Die Mineralnamen für ganze Gruppen sind auch in Tabelle 1.3.2. der chemischen Nomenklatur der Silicate eingetragen und dieser sehr ähnlich.

Formeln

Auch die Formel-Schreibweise der Silicate wird recht unterschiedlich gehandhabt. Z.T. gebräuchlich ist die Schreibweise als Doppeloxide z.B. AxOy . z SiO2, die keinerlei Strukturinforamtion beinhaltet. Meist wird der Silicat-Teilverband kenntlich gemacht und z.B. Ax[SiyOz] oder allgemein Ax[TyOz] beschrieben, so daß eine begrenzte Strukturinformation enthalten ist. Die ausführlicher Benennung nach der Liebau-Klassifizierung charakterisiert die Bauelemente zusätzlich durch Angabe der entsprechenden Klassifizierungsparameter in einer geschweiften Klammer vor dem Silicat-Teilverband.
Allgemein:
Ax{B,MooD}[SiyOz].

Hiernach ist z.B. die Formel für das Mineral Zunyit:
Al[6]12Al[4]{oB, 3t}[Si5O16](OH,F)18O4Cl.
Abb. 1.3.6. Struktur von Zunyit (links nur Anion, rechts komplette Struktur)
Aus der Formel wird damit die Koordinationszahl der Al-Kationen erkennbar. Es liegt eine offen-verzweigte (oB) Silicat-Teilstruktur vor, die aus drei Polyedern (M=3) besteht, die terminiert sind (D=0, t für terminierte Mehrfachpolyeder).

Darstellung

Die graphische Darstellungen der Strukturen muß jeweils den Strukturen angepaßt werden. Gebräuchlich sind:
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