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Vorlesung Anorganische Strukturchemie

4. Strukturchemie von Ionenkristallen

4.1. Bindung, Konzepte, Radien, Gitterenergie

In der Vorlesung wird der Abschnitt bis zu den Ionenradien in dieser Präsentation wiederholt (Grundkenntnisse AAC und PC).


Ionenkristalle werden immer dann gebildet, wenn die beiden Bindungspartner stark abweichende Elektronegativitäten aufweisen. Der Ionencharakter einer Verbindung läßt sich z.B. nach Pauling (gemäß 1 - e-1/4(xA-xB)) ermitteln und liefert die in Tabelle 4.1.1. zusammengestellten Werte.
Verbindung LiF MgO FeO OsO4
Ionencharakter nach Pauling 0.9 0.73 0.52 0.35
Tab. 4.1.1. Ionencharakter ausgewählter Salze

Qualitative Betrachtung: Ionische Verbindungen (Salze) werden durch elektrostatische Kräfte zusammengehalten; die Anionen sind von Kationen umgeben und umgekehrt. Eine große elektrostatische Anziehung, d.h. eine große Gitterenergie, wird dabei durch hohe Koordinationszahlen erreicht. Kontakte der Anionen bzw. Kationen untereinander sollten minimal, Kontakte zwischen Anionen und Kationen maximal sein. Gleichzeitg muß lokale elektrostatische Neutralität erreicht sein.

Die elektronischen Strukturen (Zustandsdichten und Bandstrukturen) sind einfach: Alle Bänder sind schmal, das Valenzband besteht aus praktisch atomaren (besetzen) Anionenzuständen, das energetisch weit entfernte Leitungsband aus ebenfalls atomaren (leeren) Kationenzuständen. In Abbildung 4.1.1. ist als Beispiel die Bandstruktur von CaO abgebildet (-15 eV: O-s; VB: O-p; +4 eV: Ca).

Abb. 4.1.1. Berechnete Bandstruktur von CaO SVG
Quantitative Betrachtung: Bei kleinen Drücken verbleibt von der Gibbs-schen freien Energie (G = E - TS + PV) nur die Gibbs-Helmholtz-Energie als wesentlicher Beitrag: F = E - TS. Die innere Energie E des Kristalls besteht dabei aus zwei Anteilen (E = UL + EV), dem dynamischen Anteil EV und der statischen Gitterenergie UL. Diese Gitterenergie ist wiederum die Summe verschiedener Anteile: (in Klammern typische Prozentangaben zum Beitrag an der gesamten Gitterenergie:)

UL = EC (80%) + ER + ED (gem. 10-15%) + EKF (5-10%) + kovalente Bindungsanteile + van der Waals + ..

Die Anteile sind (q = Ladungen, r = Gleichgewichtsabstand, B = Born'scher Abstossungsexponent) ER und ED werden meist in kombinieren Potentialen (Lenard-Jones, Mie usw.) zusammengefasst und gelten für neutrale Atome/Moleküle entsprechend. A, B usw. sind empirische Parameter!
EC hängt (unter Vernachlässigung der Ligandenfeldstabilisierungsenergie) nur vom Abstand der Ionen, deren Ladungen sowie dem Strukturtyp ab. Für den Coulombanteil in einem Kristall kann man für die Ionen die Anteile der Umgebung summieren, als Reihe aufschreiben und schliesslich zu einer Konstante für den jeweiligen Strukturtyp, die Madelung-Konstante zusammenfassen:
Ec = - [ { A N0 q1 q2 e2} / {4 π ε re} ]
Typische Werte für die Madelungkonstante A sind in Tabelle 4.1.2. zusammengestellt. Die Madelungkonstante gibt also praktisch an, wie viel mehr Energie gewonnen wird, wenn nicht nur ein Ionenpaar, sondern der ganze Kristall (mit gleichen Ionenabständen) gebildet wird.
Strukturtyp NaCl Rutil Anatas Fluorit
Madelungkonstante A 1.76 2.408 2.400 2.519
Tab. 4.1.2. Madelungkonstanten verschiedener Strukturtypen

UL kann experimentell z.B. auf der Basis des Born-Haber-Kreisprozeßes bestimmt werden. Danach ist die treibende Kraft für die Bildung eines Ionenkristalls (d.h. die Bildungsenthalpie) zusammengesetzt aus:

ΔHf = ΔHM + ΔHx + ΔHIE + ΔHEA + UL
wobei: Einige Werte für die Gitterenergien sind in Tabelle 4.1.3. zu finden.

Verbindung NaCl MgO BaO
Gitterenergie UL [kJ/mol] -760 -4000 -3200
Schmelzpunkt [oC] 800 2800 1900
Tab. 4.1.3. Gitterenergien und Schmelzpunkte

Man sieht aus Tabelle 4.1.3, dass die Schmelzpunkte etwa parallel mit der Gitterenergie variieren.

Zur Abschätzung der Größe der Kationen und Anionen gibt es die allgemein weit genutzen Shannon-Radien. Abb. 4.1.5 zeigt die wichtigsten Kationenradien. Anionen: Referenz: Oxid: 140 pm.
Abb. 4.1.2. Kationenradien nach Shannon SVG

Die qualitative Folgerung für die Maximierung der Gitterenergie ist also, dass die Kationen von möglichst vielen Anionen umgeben sein sollten (und umgekehrt) und Kationen und Anionen 'zueinander passen' sollen. Entscheidend für alle weiteren Überlegungen ist, dass die Anionenradien fast immer erheblich größer sind als die Kationenradien.

In der Strukturchemie von Ionenkristallen gibt es hierzu einige empirische Regeln, die sogenannten Pauling-Regeln. Solange wirklich reine Ionenkristalle vorliegen, gelten diese Regeln erstaunlich gut. Sie versagen jedoch, sobald die Ionen von der Kugelform abweichen oder Anteile anderer Bindungstypen (kovalent, metallisch) hinzukommen.

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