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Inhalt 1. Bau + Strukturen 2. Reaktionen + Synthesen 3. Eigenschaften + Anwendungen
Vorlesung: Festkörperchemie

1. Bau von Festkörpern: Atomare und elektronische Strukturen

1.2. Realkristall

1.2.1. 0-dimensionale (Punkt)-Fehler


Punktuelle Fehler in Idealkristallen können nach verschiedenen Kriterien klassifiziert werden:
  1. Klassifizierung I: Unterteilung in
  2. Klassifizierung II: Unterteilung in
Bedeutung von Punktfehlern für die Eigenschaften von Festkörpern: Thermodynamische Betrachtungen nach der \Delta G = \Delta H - T \Delta S ist \Delta H bei Bildung von Defekten immer positiv, d.h. die Abweichung von der Idealität macht den Kristall enthalpisch (kostet). Entropisch ist er jedoch günstiger, insbesondere wegen der Terme in XXX vor allem bei erhöhter Temperatur. bei T \neq 0 K \mapsto Punktdefekte erhöhen Entropie (vgl. statistische Thermodynamik) Für die Formulierung Festkörperthermodynamischer Zusammenhänge gibt es eine eigene Nomenklatur, die sog. Kröger-Vink-Notation. Als Bezeichnungen werden dabei verwendet: Mit diesen Bezeichnungen ergeben sich dann die folgenden möglichen Punktfehler in Realkristallen (s. Tab. 1.2.1.).

Tab. 1.2.1. Bezeichnung typischer Punkt-Baufehler nach der Kröger-Fink-Nomenklatur
Fehlstelle Bezeichnung
Nichtmetallfehlstelle auf Nichtmetallplatz VX
Metallfehlstelle auf Metallplatz VM
Zwischengitternichtmetallatom Xi
Zwischengittermetallatom Mi
Fremdatom Y (Nichtmetall) auf Nichtmetallplatz YX
Fremdatom A (Metall) auf Metallplatz AM
neutrale Fehlstelle VXx bzw. VMx
positiv geladene Nichtmetallfehlstelle VX.
negativ geladene Metallfehlstelle VM,
geladenes Zwischengittermetallatom Mi. bzw. Mi,
geladenes Zwischengitternichtmetallatom Xi, bzw. Xi.
freie Elektronen e,
freie Löcher h.
Übersicht über Punktfehler:
Abb. 1.2.1. Übersicht über Punktdefekte ‣ SVG
  1. stöchiometrische, intrinsische, thermodynamische Fehler
  2. Farbzentren: sehr geringe Abweichungen von Stöchiometrie
  3. nichtstöchiometrische Fehler erhebliche Abweichung von der Stöchiometrie des Idealkristalls - durch Eigenfehlordnung - durch Fremdfehlordnung
Vorkommen der Baufehler in Strukturtypen/chemischen Verbindungen

Tab. 1.2.2. Auftreten typischer Punkt-Baufehler nach Verbindungklassen/Strukturtyp
Verbindung Strukturtyp Fehlordnungstyp
AgCl, AgBr NaCl Kationen-Frenkel
Erdalkalimetallfluoride, CeO2, ThO2 CaF2 Anionen-Frenkel
Alkalimetallhalogenide (ohne Cs) NaCl Schottky
Erdalkalimetalloxide NaCl Schottky
Cs-Halogenide, TlCl CsCl Schottky
BeO ZnS (Wurtzit) Schottky

Stöchiometrische (thermodynamische) Fehler

keine Fremdatome (auch alles gleiche OS) keine Änderung der Stöchiometrie thermodynamisch ausgehend vom Idealkristall berechenbar allerdings wegen Synthesen oft höhere Fehlordnung als GG 3 Gruppen:
A1: Frenkel-Fehlordnung
Bei der Frenkel-Fehlordung befinden sich Kationen auf Zwischengitterpl"atzen. Da es sich um eine stöchiometrische, intrinsische/Eigen-Fehlordnung handelt entstehen damit Leerstellen auf den Kationenpl"atzen. Die Dichte der Kristalle entspricht der des Idealkristalls. Beispiele f"ur das Auftreten sind AgCl und AgBr (NaCl-Struktur), die bei h"oherer Temperatur Frenkel-Fehlordung zeigen und recht gute Ionenleiter werden. Hier besetzen Ag+-Ionen Zwischengitterpl"atze in der Kochsalzstruktur. Da alle Oktaederl"ucken besetzt sind, k"onnen dies nur noch L"ucken mit tetraedrischer Koordination sein. Die Defektbildung ist damit die Verschiebung von Ag-Ionen von den Oktaeder- auf die Tetraederl"ucken, die bei silber wegen des deutlich kovalenten Bindungsanteils beg"unstigt ist und die bei normalen 'hartem' Ionen, wie z.B. bei Na in NaCl nicht auftreten. (\Delta H = 130 kJ/mol Der Mechanismus der Ag+-Ionen-Leitung ist ein direkter Zwischengittermechanismus, die Wanderung der Ionen erfolgt also direkt über "uber Zischengitterpl"atze. Erkennbar ist dies daran, dass die ggf. als Tracer genutzen Ionen direkt ankommen. Bei einem sog. indirekter Zwischengittermechanismus 'kicken' dagegen die wandernden Ionen die Ionen von ihren regulären Pl"atzen weg.
Abb. 1.2.1.3. Mechanismus der Ionenleitung in AgCl ‣ SVG
Thermodynamik Zur Berechnung der Temeraturabh"angigkeit der Zahl der Defekte w"ahlt man als Ansatz die Reaktionsgleichung bei Bildung einer Frenkel-Fehlstelle: M+ + V_i \rightleftharpoons M_i+ + V_M Die zugeh"orige Gleichgewichtskontante: K = \frac{[M_i+][V_M]}{[M+][V_i]} Dabei bedeutet bzw. wird auch f"ur unten eingeführt: danach: N_i = [V_M] = [M_i+] [M+] = N - N_i z.B. für AgCl für Zahl der verfügbaren Zwischengitterplätze 2 TL/Ol, d.h. [V_i]=2 N alles in GG-Konstante einsetzen: K = \frac{N_i^2}{(N-N_i)(2N)} \approx \frac{N_i^2}{2N^2} nach N_i auflösen: N_i = N \sqrt{K} wobei für K gilt: (Arrhenius-Ansatz für T-Abhängigkeit der Zahl der Defekte) K \sim e^{\frac{-\Delta G}{RT}} mit \Delta G = \Delta H - T \Delta S folgt: K \sim e^{\frac{-\Delta H}{RT}} e^{\frac{\Delta S}{R}} [V_M] = [M_i+] = N_i = N \sqrt{2} e^{\frac{-\Delta G}{2RT}} = const. N e^{-\frac{\Delta H}{2RT}} Gerade für Plot 1/T gegen log(N_i/N) Typische Werte für AgCl (mit einem Schmelzpunkt von 456^oC) hat bei einer Temperatur von bei 450 ^oC (d.h. 6 Grad unterhalb des Schmelzpunktes) 0.6 % Defekte (d.h. 1 von 200 Ag auf V_M).
A2: Anti-Frenkel-Fehlordnung
Analog der Kationen-Frenkel-Fehlung befinden sich bei der Anti-Frenkel-Fehlordung die Anionen auf Zwischengitterplätzen. Ein Beispiel ist hier der Fluorit, CaF2: In der Fluoritstruktur bilden die Ca2+-Ionen ein kubisch fl"achenzentriertes Gitter (f.c.c.), die F--Ionen stecken in allen Tetraederl"ucken. Die Defektbildung ist damit mit der Verschiebung von Fluorid-Ionen von Tetraeder- auf Oktaederl"ucken gekoppelt. Auch beim ZrO2 (\lambda-Sonde!, Oxid-Ionenleiter !!) - i.a. extrinsisch, in ZrO2 durch M kleinerer Ladung erhöht Mechanismus der Ionenleitung im Unterschied K-Defekten: \mapsto A-Leerstellen beweglicher als F/O auf ZGP \mapsto Bewegung der Leerstelle B1: Bei der Schottky-Fehlordnung verlassen sowohl Kationen wie Anionen das Gitter und sind quasi 'außen' am Kristall angebaut. Es treten also jeweils gleich zwei Fehlstellen auf und die Dichte des Kristalls ist geringer als die des Idealkristalls. Als Beispiel: NaCl nur bei hohem T \Delta H = 200 kJ/mol in reiner Substanz: K-Leerstellen -> intrinsische Leerstellen bei Dotierung, z.B. mit M2+ -> extrinsische Leerstellen denn: Na1-2xMxLxCl (s.u.) Die Ionenleitung erfolgt über diese Leerstellen.
Abb. 1.2.1.XX. Mechanismus der Ionenleitung in NaCl ‣ SVG
für NaCl: komplizierte T-Abhängigkeit (Mechanismen über mehrere Schritte)
B2: Anti-Schottky-Fehlordnung
Einbau von A und K auf ZGP \mapsto sehr unwahrscheinlich \rho kleiner \rho_{Ideal-K.} Thermodynamik fast identisch wie bei Frenkel nur Faktor 2, weil 2 Defekte entstehen
C: Platztausch
\underline{Prinzip:} A und B tauschen Plätze wahrscheinlich nur bei Legierungen (grün) bei kov. FK mit gleicher VE-Zahl (z.B. SiC) erste Stufe von Ordnung-Unordnung-PU
Farbzentren
sehr geringe Stöchiometrie-Abweichungen verschiedene Sorten: \underline{F-Zentrum:} Prinzipe: 'getrapptes' e- auf A-Platz nichtstöchiometrischer Fehler, da mehr K z.B. Na_{1+x}Cl mit x sehr klein Erzeugung: NaCl mit Na-Dampf behandeln Farbe = f(Anionenplatzes) NaCl: gelbgrün Farbe (Absorption bei 465 nm) \fbox{\scriptsize blaues NaCl} KCl: violett \fbox{\scriptsize Muster Sylvin} e- paramagnetisch \mapsto mit ESR detektierbar neben F-Zentren viele andere Arten z.B. in NaCl \underline{H-Zentrum:} Cl2- auf Cl--Platz \underline{V-Zentrum:} Cl2- auf Zwischengitterplatz + 2 Cl--Fehlstellen Cluster aus mehreren Fehlern häufig (Fehlstellenassoziate)

Nichtstöchiometrische Fehler

Stöchiometrieabweichung generell auf unterschiedlichem Weg: A: Eigenfehlordnung (ohne fremde Atome oder Ionen mit anderen OS) B: Fremdfehlordnung (Fremdatome oder Ionen (K) mit anderen OS)
A: Eigenfehlordnung
wie F-Zentren, nur höhere Konzentration immer mit Änderung der Bandstruktur verbunden -> p/n-Leiter in beiden Fällen: scharfe Zustände, keine Bänder Entstehung jeweils durch verschiedene Defekt-Typen: für Ionenkristalle (erste 2 Spalten, nur S/F, gelb unterlegt) n-Leiter, durch K-"Uberschu"s (F) oder A-Unterschu"s (S) für kovalente FK (letzte Spalte, nur P, blau unterlegt) sehr wichtig z.B. für III-V- und II-VI-HL Eigendotierung durch Stöchiometrieabweichung (Problem GaAs !!) keine echten Ionen, daher Platztausch möglich n-Leiter durch V/VII-"Uberschu"s (auf III/II-Platz) (As vierbindig, d.h. formal \oplus, damit \ominus beweglich p-Leiter durch III/II-"Uberschu"s (auf V/VI-Platz) (Ga vierbindig, d.h. formal \ominus, damit \oplus beweglich
B: Fremdfehlordnung
extrinsische Fehler Fremdatome oder Atome derselben Sorte mit anderer Ladung meist mit "Ubergängen zu echter Nichtstöchiometrie für Ionenkristalle meist ohne wesentliche Änderung der BS ?? Typ ?? z.B. Ca-Substitution in NaCl wieder F/S-Typ möglich \fbox{F} zusätzliches A auf ZGP - z.B. VO2 mit V^{5+} - z.B. UO_{2+x} (CaF2-Typ, x bis 0.25) mit O auf ZGP \fbox{S} K-Defekt (Schottky) - z.B. Fe_{1-x}O (Wüstit, schwarz) mit Fe3+ - z.B. Cu2O mit Cu2+ für kovalente FK als Defekte vom Typ Platztausch (letzte Spalte) Änderung der BS (praktisch SEHR WICHTIG!!!) p-Leiter - Element mit weniger Elektronen (blaue, gro"se Kugel) - Loch im Valenzband, p-dotierter Halbleiter n-Leiter (genau umgekehrt, ohne Abb.) - Element mit mehr Elektronen, Population der Leitungsbandunterkante

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