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Vorlesung: Silicatchemie

1. Einleitung, Allgemeines

1.1. Übersicht, Bedeutung von Silicaten, Literatur


Die Frage, was Silicatchemie bedeutet, läßt sich in zwei Teilfragen stellen/beantworten:
  1. Was sind Silicate? und
  2. Was versteht man unter der 'Chemie' dieser Verbindungen?
Chemisch versteht man unter Silicaten (genauer: Oxoidosilicaten(IV)) - etwa analog zu Sulfaten und Phosphaten - Verbindungen mit anionischen Si-O-Bauverbänden, d.h. Substanzen, die außer Silicium und Sauerstoff noch weitere Kationen (im folgenden allgemein mit A bezeichnet) enthalten. Da Silicium und Sauerstoff in der Erdkruste deutlich die häufigsten Elemente sind, ist vor allem wichtig, wie aus mineralogischer Sicht Silicate zu verstehen sind: Nach der Mineralnomenklatur nach Hugo Strunz bilden die Silicate die 8. Mineralklasse, wobei die weitere Unterteilung der Verbindungsklasse nach dem Verknüpfungsgrad der [SiO4]-Bauelemente erfolgt. Wegen der Häufigkeit von Silicium und Sauerstoff in der Lithosphäre (auch im All sind diese Elemente nach H, He, C und N die Häufigsten, was aufgrund der Entstehungsgeschichte der Elemente, die Fusion aus 42He verständlich wird) bilden die Silicate den Hauptbestandteil der Erdkruste. Die häufigsten Minerale allgemein sind in der Tabelle 1.1.1. zusammengestellt, nur die blau unterlegten sind keine Silicate!

Anteil in Prozent Mineral Gruppe/Zusammensetzung
40 Plagioklas (Albit/Anorthit-Mischkristalle) Na[AlSi3O8] + Ca[Al2Si2O8]
22 Kalifeldspat K[AlSi3O8]
18 Quarz SiO2 (! kein Silicat!)
5 Amphibole (Bandsilicate)
4 Pyroxene Kettensilicate
4 Biotit Glimmer
2 Magnetit und Ilmenit Fe3O4 und FeTiO3
1.5 Olivin Mg2SiO4
0.5 Apatit Ca5[PO4]3X

Tab. 1.1.1. Silicate/SiO2 als Hauptbestandteile der Erdkruste

Abb. 1.1.1. Häufige Minerale: Feldspat (links) und Biotit-Glimmer (rechts) SVG

Daraus ist ersichtlich, daß über 60 % der Erdkruste zu den Gerüstsilicaten der Feldspatgruppe gehören. Erst an siebter Stelle der Häufigkeiten folgen die ersten nichtsilicatischen Minerale. Damit sind Silicate nicht nur mineralogisch extrem wichtig, sie sind auch für die gesamte Geologie und Geographie entscheidend. Wegen ihrer Häufigkeit wurden Silicate seit langer Zeit auch als Werkstoffe (Materialien) eingesetzt. In der 'Technik' wurden und werden gigantische Tonagen (Beton!) eingesetzt, wobei die Verwendung vor allem auf den besonderen Eigenschaften der Silicate beruht. Die Bandbreite reicht dabei von verschiedenen
die z.T. durch die A-Gegenionen oder die weiteren Gäste (Wasser usw.) bewirkt, beeinflußt und modifiziert werden.
Die Verwendung von Silicaten reicht daher von Massenanwendungen als Baustoffe über Füllstoffe bis hin zu 'High-Tech'-Anwendungen für Spezialkeramiken, Katalysatoren (Schichtsilicate z.B. Pillars Clays und Zeolithe) oder Waschmittelzusatzstoffen. Einige Silicate haben auch als Rohstoffquellen Bedeutung, wie z.B. das Sechsringsilicat Beryll (Al2Be3[Si6O18]) als wichtige Be-Quelle und das Disilicat Thortveitit (Sc2[Si2O7]) als wichtiges Mineralvorkommen der Seltenen Erden (Lanthanoide). Allerdings ist die Gewinnung von Metallen aus Silicaten häufig sehr mühsam und nur für wertvolle Metalle rentabel, da der i.A. chemisch sehr inerte Si-O-Verband durch Verschlackung entfernt werden muss.

Die zweite Teilfrage ist, was unter Silicat-chemie zu verstehen ist. Schwerpunkt der Silicatchemie ist die Strukturchemie dieser Verbindungsklasse. Bauprinzip der Strukturen von Silicaten sind unterschiedlich verknüpfte [SiO4]-Tetraeder. Die Strukturchemie umfaßt damit vor allem den Einfluß diverser Faktoren wie des Si/O-Verhältnisses, der Art, Zahl und Größe der Gegenkationen usw. auf die jeweils auftretenden Verknüpfungsmuster. Am Beispiel der Silicate lassen sich sehr anschaulich die für die Anwendung wichtigen Struktur-Eigenschafts-Beziehungen zeigen. Aber auch Reaktionen von und mit Silicaten sind letztlich wichtig für technische Anwendungen wie z.B. Erhärten, Quellen, Fließen, Ionenaustausch, Katalyse usw.

Entsprechend ist das Ziel der Vorlesung, die zu unrecht als kompliziert geltenden Strukturen der Silicate zu verstehen und zu ordnen, sowie die jeweils strukturbestimmenden Faktoren zu erkennen und zu verstehen. Hier sollen demnach allgemein wichtige strukturchemische Konzepte am Beispiel der Silicate diskutiert werden. Die Strukturchemie der Silicate ist in dieser Beziehung denkbar übersichtlich, da bis auf ganz wenige Ausnahmen stets [SiO4]-Tetraeder vorliegen, die nur über Ecken verknüpft sind. Daher ist bereits aus der Formel unmittelbar der Verknüpfungsgrad erkennbar und umgekehrt. Einzige Variation ist die Zahl und die Koordinationszahl der Gegenionen.

Struktur-Eigenschaftsbeziehung sollen anhand der wichtigsten Materialklasse, die zugleich auch die wichtigste Mineralklasse ist, betrachtet werden. Reaktionen der Silicate sowie deren Folgen/Anwendungen in Natur und Technik werden jeweils angesprochen.

Inhaltsübersicht:

In der folgenden Einleitung werden hierzu allgemein die 'Basics' der Strukturchemie der Silicate (Koordinationszahlen, Konnektivitäten usw.) angesprochen.

Alle weiteren Kapitel sind nach der Konnektivität der [SiO4]-Tetraeder geordnet, etwa nach dem Prinzip vom Einfachen zum Komplizierten (s. Abb. 1.1.2.).
Abb. 1.1.2. Allgemeine Übersicht zu Silicaten (Inhaltsverzeichnis!) SVG
Jeweils bei den einzelnen Silicatgruppen wird die Strukturchemie (Strukturen, Koordinationszahlen, mögliche Gegenionen, Packung der Anionen, Packung der Gegenionen) wichtiger Strukturtypen dieser Gruppe diskutiert. Die wichtigsten Minerale werden mit Namen, Vorkommen und eventuell kurz den Entstehungsbedingungen erwähnt. Auch der Bezug zu nicht-silicatischen Verbindungen (Sulfate und vor allem Phosphate) wird hergestellt. Soweit wichtig und interessant wird die chemische Reaktivität sowie die technische Bedeutung und Anwendungen entsprechender Silicate diskutiert.

Literatur

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Literatur zu Silicaten. Das Buch von F. Liebau ist leider nicht mehr im Handel erhältlich, aber in der Chemie-Bibliothek vorhanden. Die genannten allgemeinen Bücher zur Strukturchemie enthalten zum Teil recht ausführliche Kapitel zu Silicaten. Für die eher mineralogischen Aspekte ist der Rösler sehr zu empfehlen. Gute Übersichtsartikel zu technische wichtigen Silicaten findet man auch im Ullmann, Technische Chemie (Online-Version).

Autor(en) Titel Verlag Beschreibung Standort (Bibliothek)
F. Liebau Structural Chemistry of Silicates Springer DIE BIBEL für die Silicatchemie Chemie/Krist/UB
U. Müller Anorganische Strukturchemie Teubner Gute allgemeine Übersicht zur Strukturchemie Chemie/UB
Krebs Anorganische Kristallchemie Enke ähnlich Müller, nicht mehr im Handel erhältlich Chemie
Wells Structural Inorganic Chemistry Oxford Die Strukturchemie-Bibel Chemie
R. C. Evans Einführung in die Kristallchemie de Gruyter, 1976 Strukturchemie-Lehrbuch mit einem ausführlichen Kapitel zum Thema Chemie
H.-J. Rösler Lehrbuch der Mineralogie Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1988 Mineralogie, sehr detailliert Geo/LBS/UB
G. Markl Minerale und Gesteine. Eigenschaften - Bildung - Untersuchung Elsevier Geo/Krist/UB/PH
M. Okrusch, S. Matthes Mineralogie Springer Geo/UB
Ullmann Technische Anorganische Chemie gute Artikel zu einzelnen Themen (z.B. Beton) Online

Tab. 1.1.2. Allgemeine Literatur

Die wichtigste Quelle für die Daten zu Strukturen der Silicate ist:

Datenbank Verlag Beschreibung Link
ICSD: Inorganic Crystal Structure Database FIZ Karlsruhe wichtigste Quelle für kristallographische Daten anorganischer Verbindungen Web-Version im Uni-Netz zugänglich
Database of Zeolite Structures Baerlocher, McCusker (International Zeolite Association) umfassende Datensammlung zu Zeolithen www.iza-structure.org/databases

Tab. 1.1.3. Datenbanken mit Strukturinformationen zu Silicaten

An dieser Stelle werden noch spezieller Artikel/Bücher zu einzelnen Silicat-Gruppen gesammelt ...

Autor(en) Titel Verlag Beschreibung Standort
Breck Zeolithes Molecular Sieves die Bibel der Zeolithe B
C. Röhr Asbeste CHIUZ kurzer Überblick zu Asbesten B

Tab. 1.1.4. Spezielle Literatur

Anmerkungen zu diesen Seiten und den VRML-Bildern

Diese Web-Seiten enthalten statische Bilder (GIF/PNG-Format) die klein im Text eingebunden sind und durch Anklicken groß dargestellt werden können. Diese Bilder sind derzeit noch lediglich aus den bewegbaren VRML-Bildern gegrepte Versionen. Auf der überwiegenden Zahl der Strukturdarstellungen sind Kationenkoordinationspolyeder dargestellt. Für diese Abbildungen gibt es eine einheitliche Nomenklatur/Farbgebung Gelegentlich (z.B. bei den Gerüstsilicaten) sind auch nur die Si-Teilverbände dargestellt oder gar nur die sich aus den Si-Positionen ergebenden Polyeder.

Foto-Sammlungen und Mineralien-Datenbanken im WEB

Es gibt eine ziemlich große Zahl z.T. sehr schöner WEB-Seiten mit Fotos diverser Mineralien bzw. komplette Datenbanken zu Mineralien, auf die auch jeweils entsprechend direkt verwiesen wird.
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