Vorlesung: Silicatchemie
2. Insel(Neso)-Silicate
2.1 Olivin
Die Struktur des Olivin Mg2[SiO4]
läßt sich ausgehend von einer
hexagonal dichtesten Packung der Sauerstoffionen
(Schichtfolge ..ABAB..) beschreiben, in der - entsprechend der
Stöchiometrie - 1/8 der Tetraederlücken von den Si-Ionen besetzt
sind, und zwar in der Weise, dass voneinander isolierte [SiO4]-Tetraeder
resultieren. Die Mg-Ionen sind in der Hälfte der Oktaederlücken der Packung
positioniert. (s. hier zu Lücken in dichten Packungen und
dem Aufbau von Ionenkristallen allgemein).
Die Abbildung einer Schicht zeigt
die Anordnung der [SiO4]-Tetraeder (rot) und [MgO6]-Oktaeder
(grün) zwischen zwei
dichten Kugelpackungen A und B (= Ecken der Polyeder).
In der Darstellung der
Gesamtstruktur erkennt man, dass die Stapelung dieser Schichten in der Weise
erfolgt, dass keine gemeinsamen Flächen zwischen den Polyedern
auftreten (s. hier
für Details zur Polyederverknüpfung bei dichten Packungen).
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‣VRML |
‣VRML |
‣VRML |
Abb. 2.1.1. Struktur von Olivin
(links: Schicht A; Mitte: Schicht B; rechts: Gesamtstruktur
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Links ist z.B. die Schicht A
und rechts die Schicht B dargestellt. Die
grün gezeichneten [MgO6]-Okateder liegen genau auf Lücke.
Entsprechend der Formel Mg2SiO4 kommen auf vier Sauerstoffatome
acht Tetraederlücken, d.h. es ist nur 1/8 dieser Lücken besetzt.
Von den vier Oktaederlücken sind entsprechend nur zwei durch die Mg-Ionen
zentriert. Damit ist umgekehrt jedes O2--Ion von einem Si4+ und
drei Mg2+- bzw. Fe2+-Ionen umgeben.
Auf diese Weise ist der nach den Pauling-Regel geforderte Ladungsausgleich gewährleistet.
Dieselbe Struktur findet man auch bei Phosphaten wie z.B.
LiMgPO4, LiFePO4 und LiZnPO4.
Varianten mit derselben Sauerstoffpackung sind
Mg3(PO4)2 und Li3Fe3(PO4)4,
wo entsprechend der Zusammensetzung jeweils weniger
Oktaederlücken besetzt sind, d.h. diese Struktur
kann als Defekt-Olivin-Typ betrachtet werden.
Bei größeren Kationen (wie z.B. Ca2+)
treten meist verschiedene Modifikationen der Inselsilicate auf (s. z.B. Tab. 2.1.1. für A=Ca).
α-Ca2SiO4 |
<--- 1420oC <--- |
β-Ca2SiO4 |
<--- 675oC <--- |
γ-Ca2SiO4 |
Glaserit-Struktur (Na,K)2SO4 |
Variante von K2SO4 |
Olivinstruktur |
CNCa=9 |
CNCa=9 |
CNCa=6 |
Tab. 2.1.1. Modifikationen von Ca2SiO4
In dieser Reihe nimmt von links nach rechts das Volumen zu.
Wegen dieser erheblichen Volumenzunahme ist γ-Ca2SiO4 poröser und damit
leichter zu Zement (bei 1600oC gebranntes Ca2SiO4)
zu vermahlen als die α-Form.
Weitere Silicate mit Olivinstruktur sind
CaMgSiO4 (Monticellit) und CaMnSiO4 (Glaukochroit).
Mg2SiO4 (Forsterit) wird in reiner Form als Ofenausmauerungsmaterial (Forsterit-Steine, Mp = 1800o) verwendet.
Olivin mit seinem Fe2+-Anteil ist hierfür nicht verwendbar, da oberhalb 1400oC
die folgende Reaktion abläuft:
Fe2+/Mg2+[SiO4] ---> MgSiO3 + FeO
Das Produkt hat einen Schmelzpunkt von nur 1200oC, ist also bei dieser Temperatur bereits flüssig.
Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die Bezeichnung der
Nesosilicate A2[SiO4] mit Olivinstruktur für die Systeme mit A = Mg, Mn und Fe.
Die Eckpunkte des ternären Phasendiagramms sind Forsterit (A=Mg),
Tephroit (A=Mn) und Fayalit (A=Fe).
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Abb. 2.1.2. Bezeichnung der
Olivine im ternären System (Mg/Mn/Fe)2[SiO4]
‣SVG
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Die typischen Mineralien mit Olivinstruktur sind in Tabelle 2.1.2. mit Links
zur Erläuterungen der Mineralogie und Kristallfotos zusammengestellt.
Tab. 2.1.2. Namen und Links zur Mineralogie von Silicaten mit Olivin-Struktur
Nicht-silicatische Verbindungen mit Olivinstruktur sind z.B.
Al2[BeO4] (Chrysoberyll, Mineralogie),
Mg2GeO4,
LiFePO4 und Na2BeF4.
Vom Olivin leitet sich - durch Einbau von
zusätzlichen Mg(OH)2-Schichten -
eine Reihe weiterer Mineralien ab, die in Tabelle 2.1.3. zusammengestellt sind.
Stapelfolge |
Mineralname |
Formel |
VRML-Bild |
Mineralogie |
Fotos |
xy |
Olivin |
Mg2SiO4 |
eine Schicht, Gesamtstruktur |
Link Wikipedia
|
Foto 1
|
xy,xy,xy,xxy |
Clinohumit |
4 Mg2SiO4 * Mg(OH)2 |
eine Schicht,
Gesamtstruktur |
Link 1,
Link 2,
Link Wikipedia
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Foto 1 |
xy,xy,xxy |
Humit |
3 Mg2SiO4 * Mg(OH)2 |
eine Schicht, Gesamtstruktur |
Link 1 |
Foto 1
|
xy, xxy |
Chondrodit |
2 Mg2SiO4 * Mg(OH)2 |
eine Schicht, Gesamtstruktur |
Link 1 |
Link 1,
Link 2
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xxy |
Norbergit |
Mg2SiO4 * Mg(OH)2 |
eine Schicht, Gesamtstruktur |
Link 1 |
div. Fotos |
xx |
Brucit |
Mg(OH)2 |
Gesamtstruktur |
Link 1 |
Foto 1 |
Tab. 2.1.3. Von der Olivin-Struktur abgeleitete Silicate
mit zusätzlichen Brucit (Mg(OH)2) Schichten
Die Abbildung 2.1.3. zeigt schematisch den Aufbau dieser Stapelvarianten.
Das Prinzip ist die Identität der hexagonal dichten O-Packungen in
Olivin (oben links) und Brucit (unten links). Am besten sind die
Strukturänderungen durch die Betrachtung der Tetraeder-Anordnungen zu
sehen: Im Olivin sind die isolierten Tetraeder zu Strängen angeordnet.
Im Clinohumit sind nur noch vier benachbarte Tetraeder zu finden, im Humit
drei und so fort bis zum Brucit ganz ohne SiO4-Tetraeder.
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Abb. 2.1.3. Schematische Darstellung
der von der Olivin-Struktur abgeleiteten Minerale (blaue Kugeln: OH--Ionen)
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