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Vorlesung: Silicatchemie

6. Ketten(Ino)-Silicate

6.2. Doppelketten (M=2)


Unter Doppelketten versteht man allgemein Silicate, bei denen zwei Ketten (M=2) mit einer bestimmten Periodizität (P=1,2,3...) an unterschiedlichen Stellen miteinander verknüpft sind. Wie bei den Einfachketten kann die Einteilung nach der Periodizität der zugrundeliegenden Einfachkette vorgenommen werden. Wichtig ist, dass je nach der Art der Verknüpfung unterschiedliche Stöchiometrien resultieren.

Einerdoppelketten (P=1)

Bei Einerdoppelketten ist die Identität schon nach einem Tetraeder erreicht, so dass hier nur die direkte Verknüpfung über alle Tetraeder bleibt, die auf die Zusammensetzung [Si2O5]2- führt.
Ein Beispiel, das bereits als
Inselsilicat betrachtet wurde, ist der Sillimanit Al[AlSiO5], wenn das Al-Ion mit der Koordinationszahl 4 zum Silicat-Verband gerechnet wird (Betrachtung als Alumosilicat). Einereinfachketten sind bei reinen Silicaten ganz selten und finden sich z.B. in Na2Mg2[Si6O15] und (Na,K)Fe2[Si6O15] 1/2H2O.

Bei den Ketten höherer Periodizität P erfolgt die Verknüpfung nicht notwendigerweise bei an allen Tetraedern, so dass je nach P unterschiedliche Varianten und damit auch unterschiedliche Si:O-Verhältnisse resultieren. Je stärker verknüpft die Ketten sind, umso näher kommt das Si:O-Verhältnis dem Wert von 2:5, je weniger sie verknüpft sind, umso näher kommt es dem Verhältnis für einfache Ketten von 1:3 = 2:6.

Die wichtigsten Ketten sind ...

Zweierdoppelketten (P=2)

Wegen P=2 gibt es zwei Arten der Kettenverknüpfung:

Variante I

Zweiereinfachketten, bei denen die Ketten über jedes zweite Tetraeder miteinander verknüpft sind, sind die häufigsten Bandsilicate in der Natur. Sie werden Amphibole genannt. Die allgemeine Formel des Anions ist [Si4O11]6-.

Amphibolminerale
Die Amphibole sind eine sehr große, häufige auch gesteinsbildende Mineralklasse. In der Struktur weisen die Tetraeder der Doppelkette alle in eine Richtung. Die Spitzen zweier Doppelketten zeigen aufeinander zu und zwischen diesen Tetraederschichten befindet sich eine Oktaederschicht (Sequenz T-O-T) (genaueres s. unten).
Die allgemeine Formel der Amphibole ist AxByC2-2.5[Si4O11](OH)/F) oder wegen der Doppelschichtanordnung meist auch verdoppelt geschrieben A0-2B3-2C5-2[Si8O22](OH)/F)2. Hierbei sind Die Struktur soll am Beispiel von Tremolit Ca2Mg5[Si8O22](OH)2 erläutert werden. Ähnliche Bauprinzipien finden sich auch bei den Doppelschichtsilicaten.
Silicatdoppelband mit Oktaedern (in 3 Ansichten) Gesamtstruktur
Tab. 6.2.1. Struktur von Tremolit

In den einzelnen Tetraederketten der Zusammensetzung [Si4O11]6- weisen die Tetraederspitzen alle in eine Richtung. Die freien Tetraederspitzen bilden Sechseckketten mit gemeinsamen Kanten. Die Zentren dieser Sechsecke sind mit einem OH--Ion pro Formeleinheit besetzt, so dass ein Ausschnitt aus einer dichten Packung von O/OH (Orientierung A) resultiert. Eine identische Schicht ist umgekehrt so darüber angeordnet, dass zwischen zwei Tetraederbändern (2 x [Si4O11(OH)]7- = [Si8O22](OH)214-) eine Oktaederschicht resultiert, deren Zentren mit den C-Kationen (5 pro Formeleinheit: C5[Si8O22](OH)214-) besetzt sind. Hier eine Tetraeder- und die Oktaederschicht und das T-O-T-Doppelband. In der Elementarzelle verbleiben zwischen den Bändern Lücken für die Kationen A und B (s. schematische Abbildung 6.2.1.).
Abb. 6.2.1. Schematische Darstellung der Struktur der Amphibole SVG

Übersicht über die Minerale, die die Eckpunkte ganzer Reihen von Mischkristall bilden. Die einzelnen farblich markierten Mineralgruppen sind unten im Detail beschrieben:

Position A B C T Name
(in Klammern als Asbest)
Zahl 0-2 3-2 5-2 8
CN 8 / 12 6 / 8 6 4
Größe groß groß bis mittelgroß mittelgroß bis klein klein
I - Mg2 Mg5 Si8 Cummi
I - Fe2+2 Fe2+5 Si8 Grünerit (Amosit)
I - Ca2 Mg5 Si8 Tremolit (Aktinolith)
I - Ca2 Fe2+5 Si8 Ferroaktinolith
II - Mg2 Mg4-3Al1-2 Si7-6Al1-2 Gedrit
II - Fe2 Fe4-3Al1-2 Si7-6Al1-2Ferrogedrit
III Na Ca2 Mg5 Si7Al Edenit
III Na Ca2 Fe2+5 Si7Al Ferroedenit
III Ca2 Mg3 (Al/Fe3+)2 Si6Al2 Tschermakit
III Ca2 Fe2+3 (Al/Fe3+)2 Si6Al2 Ferrotschermakit
III Na2 Fe2+3 Fe3+2 Si8 Riebeckit (Blau-A., Krokydolith)

Tab. 6.2.2. Amphibole

Die Abbildung 6.2.2. zeigt die Mischkristallreihen zwischen Mg (links) und Fe (rechts) mit ihren mineralogischen Bezeichnungen:

Abb. 6.2.2. Mischkristallreihen der Amphibole SVG
Drei Gruppen von Amphibolen können danach unterschieden werden. Die Reihen beziehen sich jeweils auf die Variation des Mg- und Fe-Gehaltes der Verbindungen:

  1. Alkalimetall-freie, Al-arme Amhibole sind fast reine Silicate (T8 = Si8). Die Mischkristallreihen sind hier Innerhalb der letzten Reihe liegt auch der Aktinolith-Asbest, einer der wichtigsten Asbestarten (Details s. AGP-Vortrag 'Asbest - Vom Wunderstoff zur Altlast' und Wikipedia-Seite zu Asbest). Von der Tremolit-Ferroaktinolith-Reihe existiert durch zunehmenden Natrium-Einbau auf den A-Positionen eine breite Mischkristallreihe hin zu Glaukophan (A = Na, B = Mg, C = Al) und Riebeckit (A = Na, B = Fe, C = Fe).

    Hier einige Abbildungen und Links zu Mineralienseiten. Die Namen in Klammern bezeichnen wieder die faserförmigen Modifikationen:

    Abb. 6.2.5. Tremolit Abb. 6.2.6. Aktinolith
  2. Zu den Alkalimetall-freien Alumosilicaten (T=Si7Al) gehören die Minerale der Gedrit (B = Mg, C = Mg/Al) - Ferrogedrit (B = Fe, C = Mg/Al) Reihe.

    Abbildungen und Links zu Mineralienseiten:

  3. Die Alkalimetall-haltigen Alumosilicate bilden die drei folgenden Reihen mit großem Mischkristallbereich: Mischkristalle mit den Endgliedern Pargasit/Hastingsit und Tschermakit/Ferrotschermakit werden als Hornblenden bezeichnet.

    Abbildungen und Links zu Mineralienseiten:

    Abb. 6.2.7. Hornblende Abb. 6.2.8. Byssolith (faserige Hornblende)

Amphibole weisen bedingt durch die Bandabmessungen charakteristische Spaltwinkel von 56 o bzw. 124 o auf. Unter günstigen geologischen Bedingungen entstehen sie auch als faserförmige Amphibole (Amphibolasbeste). Die Faserformen haben z.T. eigene Namen:

Abb. 6.2.3. Amphibol Abb. 6.2.4. Tigerauge mit Goethit

Variante II

Zweiereinfachketten, an denen jedes Tetraeder verknüpfend ist, haben die allgemeine Formel [Si4O10]4-. Beispiele sind in der Natur nicht bekannt und auch bei dem synthetischen Vertreter handelt es sich mit Li4[SiGe3O10] nicht um ein reines Silicat.

Dreierdoppelketten

Wie bei den
Zweierdoppelketten sind auch hier mehrerer Varianten für die Verknüpfung der Ketten möglich, die sich durch die Zahl der Verknüpfungspunkte zwischen den Ketten unterscheiden:

Variante I

Erfolgt die Verknüpfung nur über jedes dritte Tetraeder, dann ergibt sich die Zusammensetzung des Anions die folgende Formel: [Si6O17]10- und ein Si:O-Verhältnis von (2:5.66) Beispiel für diese Verknüpfungstyp ist das Mineral Xonotlit Ca6[Si6O17](OH)2.

Variante II

Erfolgt die Verknüpfung an zwei von drei Tetraedern, so lautet die Anionenformel [Si6O16]8- (Si:Al = 2:5.33). Ein Beispiel ist eines der Anionen im Okenit Ca10Si18O46(H2O)18. In der Struktur liegen zusätzlich ungewöhnliche Schichten vor.

Variante III

Verknüpfung bei allen Tetraedern (Formel [Si6O15]6-, Si:O = 2:5) liegt im Mineral Elpidit Na2Zr[Si6O15] . 3 H2O und Epididymit Na2Be[Si6O15] . H2O vor. (Mineralogie).

Viererdoppelketten

Entsprechend der großen Periodizität sind diverse Varianten für die Verknüpfung denkbar. Die Verknüpfung von Viererketten über alle Tetraeder mit der entsprechenden Formel des Anions von [Si8O20]6- (Si:O=2:5) tritt im Mineral Narsarsukit Na4Ti2[Si8O20]O2 auf.

Fünferdoppelketten

Wegen der Periodizität von 5 sind formal eine Reihe von Varianten für die Verknüpfung der Ketten denkbar. Eine Variation mit Verknüpfungen über jedes 1. und 3. Tetraeder einer Fünferkette liegt im Mineral Inesit Ca2Mn7[Si10O28](OH)2 . 5 H2O vor.

Weitere Doppelketten

Bekannt sind auch noch Sechsfach- und Siebenfachdoppelketten, bei denen wieder formal eine große Zahl von Varianten denkbar ist.

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