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Vorlesung Strukturchemie der Oxide
2. Binäre kovalente Oxide, Nichtmetalloxide (nach Hauptgruppen)

2.6. Pnicogen(Pentel)-Oxide


Die Oxide des Stickstoffs sind typische Molekülverbindungen, die bei ausreichender Abkühlung Molekülkristalle bilden, bei denen die Gasstruktur im wesentlichen erhalten bleibt. Die Unterschiede zwischen N und P entsprechen denen zwischen C und Si (Art der Doppelbindung, EN-Differenzen).

2.6.1 P-Oxide

Die Oxide des Phosphors bilden eine strukturchemisch recht vielfältige Verbindungsklasse. Die Oxidationsstufen in den Oxiden können zwischen V und/oder III variieren. P4O6 und H-P4O10 sind echte Molekülkristalle (zwischen denen sogar eine Mischkristallreihe aus Molekülen zwischen P4O6 und P4O10 auftritt), die O-Formen von P4O10 sind dagegen hochkondensierte Modifikationen mit Schicht- bzw. Raumnetzstrukturen.

Die Verbindungen und Strukturen im Einzelnen:

P4O6
PIII4O6 ist das Anhydrid der phosphorigen Säure. Die Struktur im Festkörper ist noch nicht sehr lange bekannt, denn die Substanz bildet weiche, weiße Kristalle mit einem Schmelzpunkt von nur 24 oC und einem Siedepunkt von nur 175 oC. Die Darstellung erfolgt durch Umsetzung von weißem Phosphor mit elementarem Sauerstoff bei 50 oC und 0.1 bar. Wie bereits aus den physikalischen Eigenschaften ersichtlich, liegt ein Molekülkristall mit isolierten P4O6-Molekülen vor, die formal aus P4 durch Einschub von Sauerstoffatomen in jede der sechs Bindungen des Tetraeders aufgebaut werden kann. Die Umgebung der P-Atome ist nahezu ideal tetraedrisch, die P-O-Abstände liegen mit Werten von 164 pm zwischen Einfach- (P-O: 176 pm) und Doppelbindungen (P=O : 156 pm). Der P-O-P-Winkel ist entsprechend mit 126 o deutlich größer als der Tetraederwinkel.

Von P4O10, dem Anhydrid der Phosphorsäure, sind insgesamt drei kristalline Modifikationen bekannt, die alle aus PO4-Tetraedern, die je über drei Ecken verknüpft sind, aufgebaut sind. Diese Modifikationen sind ein schönes Beispiel für gleiche Tetraeder mit identischer Verknüpfung, die entweder zu 0- (Moleküle), 2- (Schichten) oder 3- (Raumnetz) dimensionalen Verbänden führt.

Übersicht zu Darstellung und Struktur der verschiedenen Modifikationen von P4O10
(Von oben nach unten nimmt die Hydrolysebeständigkeit zu)
Modifikation Umwdl. Mp (Sbp.) [oC] Dichte [g/cm3] GIF Strukturbeschreibung
H-P4O10 (hex.) 420 (360) 2.3 metastabil Molekülkristall, verschiedene Modifikationen, formal weißer P+O
24 h, 400 oC
flüssig
Glas
450 oC
O'-P2O5 (ortho.) 562 2.72 metastabil 3D-Verband, Ringe aus 10 PO4-Tetraedern, P wie Si in ThSi2
450 oC
O-P2O5 (ortho.) 580 2.74 stabil Schicht aus Ringen; isoster zu Blattsilicaten [Si2O5]2-; formal schwarzer P+O

Neben den reinen PIII und PV-Oxiden gibt es gemischte Oxide , die entsprechend zwischen P4O6 und P4O10 liegen. Die Moleküle P4Ox sind für x=7,8 und 9 bekannt, jedoch nicht in reiner kristalliner Substanz, sondern als 'gemischte Oxide', d.h. als feste Lösungen ineinander. Die Kristallstrukturen zeigen entsprechend P4O6-Grundgerüste mit statistischer Besetzung der terminalen (exocyclischen) O-Positionen.

Es können 2 kristalline Phasen unterschieden werden:

Zusätzlich zu den beschriebenen Oxiden ist mit P2O6 auch ein (allerdings nicht näher charakterisiertes violettes) Peroxid O2P-O-O-PO2 bekannt, das aus P4O10 und O2 bei elektrischer Entladung dargestellt werden kann.

2.6.2 As-Oxide

Wie für Hauptgruppenelemente zu erwarten überwiegt beim Arsen im Gegensatz zum Phosphor die Oxidationsstufe +III:

AsIII2O3 (Arsenik) neigt zwar zur Glasbildung, trotzdem sind aber zwei verschiedene kristalline Modifikationen bekannt. Die kubische Hochtemperaturform Arsenolith (Arsenikblüte, Hüttenrauch) schmilzt bei 278 oC. Die Struktur enthält Moleküle wie P4O6. Unterhalb von 110 oC wandelt sie sich in die monokline Tieftemperaturform, den Claudetit (Abb. 2.6.1.) um, der bei 313 oC schmilzt. Die Struktur besteht aus hexagonalen Sauerstoff-verbrückten As-Netzen, kann damit also ebenfalls aus der Elementstruktur durch Einschub von Sauerstoff in alle As-As-Bindungen abgeleitet werden. Die As-O-Abstände betragen 180 pm, der Winkel O-As-O 100 o.

2.6.1. Struktur von As2O3 (Claudetit) 2.6.2. Struktur von As2O5

As2O5 besteht nicht wie P4O10 aus Molekülen, sondern ist hochmolekular aufgebaut. Die recht komplexe Struktur enthält die Kationen As5+ nebeneinander in tetraedrischer (CN=4) und oktaedrische Koordination (CN=6). Dies erscheint insofern verständlich, als die Verbindung sauerstoffärmer als 2:6 = 1:3 ist, der Fall des ReO3-Typs mit allseits eckverknüpften Oktaedern, so daß die Zusammensetzung 2:5 nur durch Kantenverknüpfung von Oktaedern erreicht werden kann. Die AsO6/2-Oktaeder (nur Oktaeder: Zusammensetzung 1:3 z.B. in ReO3) und AsO4/2-Tetraeder (nur Tetraeder: Zusammensetzung 1:2 z.B. in SiO2) sind über alle Ecken miteinander verknüpft, so daß röhrenförmige Hohlräume entstehen (s. Abb. 2.6.2.).

2.6.3 Sb-Oxide

Wie bei den As-Oxiden ist die Oxidationsstufe III deutlich stabiler als +V. Ein reines kristallines Sb5+-Oxid ist nicht bekannt.

SbIII2O3 bildet zwei kristalline Modifikationen: Die Tieftemperaturform, der Valentinit , wird in Analogie zum entsprechendem Sulfid (Grauspießglanz = Sb2S3) Weißspießglanz oder auch Antimonblüte genannt. Die Dichte beträgt 5.8 g/cm3, die Struktur besteht aus Bändern psi-tetraedrisch koordinierter SbIII-Atome. Die Sb-O-Abstände betragen 200 pm, der Winkel am Sb liegt zwischen 81 und 99 o. Die kubische Hochtemperaturform, der Senarmonit (Dichte 5.2 g/cm3) besteht aus Molekülen analog zu P4O6. Senarmonit läßt sich unterhalb von 606 oC in Valentinit überführen.

2.6.3. Struktur von Sb2O3 2.6.4. Struktur von Sb2O4 (Cervantit)

Das gemischtvalenten SbIII-SbV-Oxid Sb2O4 (Cervantit), ein feinkörniges, gelbes Mineral, läßt sich (jeweils bei Temperaturen von ca. 800 oC) entweder durch Reduktion von Sb2O5 oder durch Oxidation von Sb2O3 herstellen. Cervantit ist isotyp zu SbNbO4 und besteht aus Schichten leicht verzerrter SbVO6-Oktaeder. Die Oktaederschichten entsprechen den NiF6-Oktaederschichten im K2NiF4-Typ. Die Schichten sind durch SbIII-Atome verknüpft, die psi-bipyramidal (Lone-Pair!) von Sauerstoff koordiniert sind.

2.6.4 Bi-Oxide

Die Oxide von Bismut zeigen deutlich ausgeprägteren ionischen Charakter. Z.B. bildet die δ-Modifikation von Bi2O3 eine Defektvariante des CaF2-Typs mit Fehlstellen im Anionenverband, gemäß Bi2O3_.

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