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Vorlesung: Strukturchemie der Oxide

1. Einleitung und Übersicht


Motivation

Es lassen sich sehr verschiedene Gründe zur Motivation einer Vorlesung Strukturchemie der Oxide nennen. Hierzu gehören:

Die genannten Punkte weisen die Oxide als (nicht nur strukturchemisch) interessante und vielfältige Substanzklasse aus. Ziel der Vorlesung ist daher neben der Wiederholung und Erweiterung der Stoffkenntnis einer der wichtigsten Verbindungsklassen die Vertiefung der Prinzipien und Denkweisen der Anorganischen Festkörperchemie am Beispiel einer Gruppe von Verbindungen.

Gliederung

Aus Zeitgründen muß auf die Behandlung vieler ternärer und höherer Oxide (z.B. der Silicate) verzichtet werden. Die Behandlung der binären Oxide (Kap. 2 und 3) gliedert sich wie folgt:
H He
Li Be B C N O F Ne
Na Mg Al Si P S Cl Ar
K Ca Sc Ti V Cr Mn Fe Co Ni Cu Zn Ga Ge As Se Br Kr
Rb Sr Y Zr Nb Mo Tc Ru Rh Pd Ag Cd In Sn Sb Te I Xe
Cs Ba La Hf Ta W Re Os Ir Pt Au Hg Tl Pb Bi Po At Rn
Die rot unterlegten Elemente bilden überwiegend kovalente Oxide, die in Kap. 2 - nach Hauptgruppen geordnet - betrachtet werden. Die Oxide der blau unterlegten Elemente können bis auf wenige Ausnahmen nach Zusammensetzung behandelt werden, s. Kap. 3. Die schwarz dargestellten Elemente bilden Oxide, die dem Bereich der Molekülchemie zugeordnet werden können und die unter Normalbedingungen Gase oder Flüssigkeiten sind, so daß ihre Strukturchemie hier nur von untergeordneter Bedeutung ist. In Kap. 4 werden ausgewählte nichtstöchiometrische Oxide (kristallographische Scherungen usw.) behandelt. In Kap. 5 werden Strukturfelddiagramme am Beispiel von Verbindungen der Zusammensetzung AB2O4 diskutiert.
Das komplette Inhaltsverzeichnis gibt es auf Vorlage 0.

Klassifizierung

Eine chemische Klassifizierung der Oxide kann z.B. nach den Säure-Base-Eigenschaften erfolgen. Hiernach lassen sich unterscheiden: Bezüglich dieser Eigenschaften ergeben sich im PSE folgende Tendenzen: Auch bezüglich vieler physikalischer Eigenschaften (z.B. der Schmelzpunkte) zeigen sich entsprechende regelmäßige Gänge im PSE.

Die strukturchemische Klassifizierung der Oxide kann nach Bauelementen/Strukturmerkmalen bzw. nach Bindungscharakter vorgenommen werden. Auf der Basis der Verknüpfung der MOn-Polyeder betrachtet bilden Oxide eine große Vielfalt an Strukturelementen:

Wie für alle chemischen Verbindungen hängt die Art der Strukturen und der Bindungsverhältnisse, die im Festkörper ausgebildet werden, zunächst von der Summe der Elektronegativitäten der Bindungspartner und der Differenz der Elektronegativitäten ab (s. auch Kap. 1.2. der Vorlesung Anorganische Strukturchemie. Nach Fluor ist Sauerstoff mit einer EN von 3.5 das am zweitstärksten elektronegative Element, d.h. die Summe der EN ist in Sauerstoffverbindugen (mit der Ausnahme der metallreichen Suboxide) immer groß, die Differenz kann aber entweder klein (Nichtmetalle = kovalente Oxide mit gerichteten Bindungen) oder groß (Metalle = Ionenkristalle mit ungerichteten Bindungen) sein. Demnach kann man zwei wesentliche Klassen von Oxiden nach ihrem Bindungscharakter unterscheiden, wobei die Übergänge zwischen beiden selbstverständlich fließend sind.
  1. überwiegend kovalente Oxide
    Bei diesern Verbindungen bestimmt die Hybridisierung des Sauerstoffs die Stereochemie am O: Das Auftreten der verschiedenen Strukturtypen ist damit abhängig von der Stöchiometrie und der Ausbildung von pi-pi-Doppelbindungen zum Sauerstoff. Die relativen Atomgrößen sind nur von untergeordneter Bedeutung.
  2. überwiegend ionische Oxide
    bestehen aus O2--Ionen und Metall-Kationen. Hier sind wie bei allen Salzen die Ionenladung und die Größenverhältnisse die primär strukturbestimmenden Faktoren. Konkret heißt das für Sauerstoff: Der Ionenradius des Oxidions O2 beträgt bei einer Koordinationszahl (CN) von 6 ca. 140 pm und ist damit größer als die typischen Kationenradien. Daher findet man sehr häufig dicht gepackte Oxid-Teilgitter mit gefüllten Oktaeder- und Tetraederlücken. In diesem Zusammenhang ist damit die Betrachtung dichtester Packungen extrem hilfreich.
  3. Oxide mit metallischen Bindungsanteilen
    werden nur mit den schweren Alkalimetalle und einigen Übergangsmetallen gebildet (Suboxide). In diesen Verbindungen liegt - räumlich voneinander getrennt - ionischer und metallischer Bindungscharakter vor.

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