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Vorlesung Strukturchemie der Oxide
3. Binäre Metalloxide

3.1. Verbindungen mit O-O-Bindungen


Vor allem bei den Sauerstoffverbindungen der Alkali- und Erdalkalimetalle gibt es zusätzlich zu den Oxiden mit isolierten O2--Anionen auch Oxide mit komplexen Anionen. Hierzu zählen die Bei allen Verbindungen steigt die Stabilität mit dem elektropositivem Charakter des Kations, so daß Verbindungen dieser Art generell nur von den elektropositiven Alkali- und Erdalkalimetallen sowie einigen unedlen Übergangsmetallen bekannt sind. Bereits bei der einfachen Verbrennung der Alkalimetalle mit Sauerstoff (an Luft entstehen auch Nitride!) zeigt sich die Vielfalt möglicher Oxide: Die normalen Oxide (mit isolierten O2--Anionen) der Alkalimetalle kristallisieren - mit Ausnahme des orange-roten Cs2O, das als einzigen Oxid den anti-CdCl2-Typ bildet - im anti-CaF2-Typ.

3.1.1. Peroxide

Die Peroxide enthalten das Ion O22- mit einem einer O-O-Einfachbindung entsprechenden Abstand von 149 pm (Isosterie zu den Halogenen). Sie sind als Salze der zweibasigen Säure H2O2 aufzufassen und reagieren entsprechend mit Wasser zu Wasserstoffperoxid.

Die einzelnen Verbindungen nach Zusammensetzung bzw. Oxidationsstufe des Metall-Kations M:
MI: Die Alkalimetallperoxide der Zusammensetzung M2O2 sind von allen Alkalimetallen bekannt. Es handelt sich um weiße bis gelbe Feststoffe, die mit der Ausnahme von Li2O2 bis zu hohen Temperaturen stabil sind. Sie lassen sich auf unterschiedliche Weise herstellen:

Na2O2 findet vielfach als Bleichmittel Verwendung. Die Na- und die Li-Verbindunge können in Atemgeräten eingesetzt werden, da sie nach Na2O2 + CO --> Na2CO3 bzw. Na2O2 + CO2 --> Na2CO3 + 1/2 O2 sowohl CO binden, als auch mit CO2 Sauerstoff entwickeln. Die Strukturvielfalt in dieser Gruppe ist relativ groß und soll an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden.

MII Die Peroxide der 2-wertigen Metalle (Formel: MO2) sind von allen Erdalkalimetallen sowie von Zn und Cd bekannt. Die Darstellung ist wiederum bei den schweren Erdalkalimetallen einfacher. Die Ca-Verbindung kann durch Entwässern von CaO2 . 8 H2O, jedoch nicht direkt aus den Elementen hergestellt werden. SrO2 entsteht dagegen direkt bei Anwendung eines erhöhten O2-Partialdrucks. Ba-Peroxide entsteht bei der einfachen Oxidation des Elementes bei 500 oC. Bei den Strukturen beobachtet man abhängig vom Ionenradius von M das Auftreten zweier Strukturtypen:

  1. CaO2, SrO2 und BaO2 mit den größeren M-Kationen kristallisieren im CaC2-Typ . Ausgehend vom NaCl-Typ sind die C2-Ionen entlang einer der kubischen Achsen ausgericht, so daß letztlich tetragonale Symmetrie resultiert (mit c > a = b). Die Koordinationszahlen betragen für M=10 und für O=4.
  2. MgO2, ZnO2 und CdO2, die Verbindungen mit den kleineren M-Kationen, bilden den Pyrit-(FeS2)-Typ . Dieser läßt sich ebenfalls ausgehend vom NaCl-Typ ableiten, indem die S2-Ionen auf den Cl-Plätzen entlang (111) ausgerichtet sind. (Die Metrik der Elementarzelle bleibt dabei zwar kubisch, die Symmetrie erniedrigt sich aber von Fm3m auf Pa3). Die Koordinationszahl von M (Fe) beträgt sechs, die von Sauerstoff (S) drei.

Übersicht: AB2-Verbindungen mit B2-Hanteln (Peroxide, Hyperoxide)

Strukturtyp NaCl (fehlgeordnet) CaC2 Pyrit (FeS2) Markasit (FeS2)
Peroxide MIIO2 - CaO2, SrO2 , BaO2 MgO2, ZnO2 , CdO2 -
Hyperoxide MIO2 alle HT-Formen KO2, RbO2 , CsO2 beta-NaO2 alpha-NaO2
CN (M) - 10 6 6
CN (O) - 4 3 3
Metrik, RG kubisch, Fm3m tetragonal kubisch Pa3 orthorhombisch

3.1.2. Hyperoxide (Superoxide)

Die Superoxide (auch Hyperoxide) enthalten das paramagnetische Ion O2- mit einem ungepaartem Elektron. Der O-O-Abstand entspricht mit 128 pm einer Bindungsordnung von 1.5 und ist damit z.B. vergleichbar mit dem im Ozon. Der Sauerstoff-Sauerstoff-Abstand im Element O2 beträgt dagegen 121 pm.

MI: Alkalimetallsuperoxide MO2 sind von allen Alkalimetallen außer Lithium bekannt. NaO2 läßt sich aus den Elementen nur unter Druck rein darstellen, während die der schwereren Metalle bei der Oxidation der Metalle direkt gebildet werden.
Verbindung Farbe Modifikation T-Bereich Struktur GIF
NaO2 weiss alpha < -77 oC Markasit (FeS2)
beta -77 bis -50 oC Pyrite (FeS2
gamma > -50 oC NaCl (fehlgeordnete O2)
KO2 orange für alle drei schwereren Alkalimetalle RT CaC2-Typ
RbO2 braun
CsO2 orange HT NaCl (fehlgeordnete O2)
MII Hyperoxide M(O2)2 sind von Ca, Sr und Ba bekannt, aber sehr instabil. Die Strukturen der gelben Festkörper sind unbekannt.

3.1.3. Sesquioxide

Sesquioxide enthalten die Anionen der Peroxide und Hyperoxide nebeneinander (O22- und O2-).
MI Die Verbindungen der Zusammensetzung M4O6 entsprechend MI4(O2-)2(O22-) sind nur für M = Rb und Cs bekannt. Die schwarzen paramagnetischen Substanzen kristallisieren in der kubischen anti-Th3P4-Struktur. Da die Positionen der Ionen O2- und O22- symmetrieäquivalent sind, sind sie im Kristall nicht unterscheidbar.

3.1.4. Ozonide

Ozonide enthalten das Ozonid-Ion O3-. MI-Ozonide MO3 sind nur für die schwereren Alkalimetalle K, Rb und Cs bekannt. Die Verbindungen bilden rote Kristalle, die sich aus O3 und dem Hydroxid herstellen lassen. Die MII-Ozonide M2(O3)2 sind nur bei tiefen Temperaturen stabil.
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