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Inhalt Kap. 1 Kap. 2 Kap. 3 Kap. 4 Kap. 5 Kap. 6 Kap. 7 Kap. 8 Kap. 9 Literatur

Vorlesung Chemie der Metalle

3. Erdalkalimetalle (2. Hauptgruppe: Be, Mg, Ca, Sr, Ba)

3.3. Halogenide


Die Halogenide der Erdalkalimetalle sind (mit der Ausnahme von BeX2, s. Kiste unten) typische Salze mit der Zusammensetzung MX2.

Einschub: Be als Aussenseiter

In der Reihe der Erdalkalimetalle nimmt Beryllium die Rolle eines Außenseiters ein. Dies liegt zum einen an dem relativ kleinen 'Ionenradius', Be2+ ist nur etwa halb so groß wie Mg2+. Darüberhinaus ist die Elektronegativität von Beryllium relativ groß, so dass eine ausgeprägte Tendenz zur Bildung kovalenter Bindungen besteht. In kovalenten Verbindungen erreicht Beryllium dabei die 8er-Schale (wie auch das Bor) nach drei verschiedenen Prinzipien:
  1. Ausbildung von Zweielektronen-Dreizentren-Bindungen, z.B. in Berylliumwasserstoff BeH2 oder Dimethylberyllium Be(CH3)2:
    Abb. 3.3.1. Valenzstrichformel von BeH2 SVG
  2. Ausbildung von pπ-pπ-Bindung, z.B. in gasförmigem BeCl2 und in vielen organischen Be-Verbindungen, die im Dampf ebenfalls dimer vorliegen.
    Abb. 3.3.2. Valenzstrichformel von BeCl2 (Gasphase) SVG
  3. Bildung von Lewis-Säure-Base-Addukten, z.B. in [BeCl4]2- oder in festem BeCl2:
    Abb. 3.3.2. Valenzstrichformel von BeCl2 (Feststoff) SVG
Aufgrund der Schrägbeziehung, die zwischen den Elementen Lithium und Magnesium, zwischen Beryllium und Aluminium sowie zwischen Bor und Silicium
Li Be B C
Na Mg Al Si

besteht, da hier ähnliche Verhältnisse Ladung/Radius (Ladungsdichten) vorliegen, zeigen diese Elementpaare einige Änlichkeiten. Z.B. liegt im Fall von Be2+ das Verhältnis bei 2/31 = 0.065 und ist damit sehr nahe am Ladung/Radius-Verhältnis von Al3+ (3/50 = 0.060). Entsprechend gibt es eine Reihe von Analogien zwischen Beryllium und Aluminium:

  • Die Hydride beider Elemente sind hochpolymer.
  • Die Chloride sind hydrolyseempfindlich.
  • Die Oxide sind hart, hochschmelzend und säureunlöslich.
  • Die Hydroxide sind amphoter.

Kristallstrukturen der Erdalkalimetall-Halogenide (und vieler weiterer AB2-Ionenkristalle)

Es ist an dieser Stelle wieder sinnvoll, die wichtigsten Strukturtypen von Ionenkristallen der allgemeinen Zusammensetzung AB2 einzuführen. Zunächst gibt Tabelle 3.3.1. eine kompakte Übersicht über die jeweils auftretenden Strukturtypen der Erdalkalimetall-Halogenide (blau unterlegt sind Strukturen mit Koordinationszahl 4 für das Erdalkalimetall-Kation, rot unterlegt mit CN=6 und grün unterlegt mit einer Koordinationszahl von 7, 8 oder 9).

Be Mg Ca Sr Ba
F Quarz (4) Rutil (6) CaF2 (8)
Cl SiS2 (4) CdCl2 (6) Rutil (verz.) (6) PbCl2 (9)
Br CdI2 (6) Rutil (verz.) (6) PbCl2 (9)
I - CdI2 (6) SrI2 (7)
Tab. 3.3.1. Strukturtypen der Erdalkalimetall-Dihalogenide

Erläuterungen zu der Tabelle 3.3.1. und zu den einzelnen Strukturtypen:

Beryllium-Halogenide (Strukturen mit CNKation=4)

Bei Beryllium liegt aufgrund des geringen Ionenradius in allen bekannten Halogeniden die Koordinationszahl 4, d.h. eine tetraedrische Koordination von Be durch X vor. Wegen der Zusammensetzung muß X damit von zwei Be-Ionen koordiniert sein (Tetraeder [BeX4/2]). Die zwei wichtigsten Strukturtypen sind hier:
Strukturtyp Quarz (SiO2) SiS2
Bemerkung: bei kleinem Radien-Verhältnis Kation/Anion, CN 4:2
Elementarzelle
VRMLs α-Quarz (VRML2 zu α -- β-Umwandlung) SiS2
Tab. 3.3.2. AB2-Strukturtypen mit Tetraederkoordination von A

Magnesium- und Calcium-Halogenide (Strukturen mit CNKation=6)

Magnesium- und Calcium-Kationen kommen überwiegend mit der Koordinationszahl sechs vor, d.h. die Ionen sind meist oktaedrisch durch Anionen X- koordiniert, die X--Anionen sind entsprechend von drei Kationen umgeben (CN 6:3, nach Niggli [AX6/3]-Oktaeder). Entsprechend lassen sich diese Strukturen als dichteste Kugelpackungen der Anionen, in denen die Hälfte der Oktaederlücken besetzt ist, beschreiben. Die wichtigsten Strukturtypen sind hier:
Strukturtyp (Link) CdCl2 CdI2 Rutil
Bemerkung: bei mittleren Radien-Verhältnissen Kation/Anion, CN 6:3
Anionenpackung: f.c.c. h.c.p. h.c.p. (verzerrt)
Lückenbesetzung 1/2 aller Oktaederlücken
Elementarzelle
VRMLs CdCl2 CdI2 Rutil
Tab. 3.3.3. AB2-Strukturtypen mit Oktaederkoordination von A
Alle drei Strukturtypen lassen sich also wieder in die Tabelle der Strukturen der Ionenkristalle einordnen, s. HIER.

Ca-, Sr- und Ba-Fluorid (Struktur mit CNKation=8)

Bei kleinerem Verhältnis rAnion/rKation gibt es auch Strukturen mit der Koordinationszahl 8 für das Erdalkalimetall-Ion, d.h. insgesamt einer 8:4-Koordination. In CaF2 (anti-Li2O) bilden die Ca- (oder Oxid-) Ionen eine kubisch dichteste Kugelpackung (f.c.c.), in der alle 2N Tetraederlücken mit F- bzw. Li+ (beim Antityp) gefüllt sind. Die daraus folgenden Koordinationszahlen und Geometrien sind für Ca bzw. O CN=8 (Würfel) und für F bzw. Li CNF=4 (Tetraeder).
Strukturtyp CaF2 (anti-Li2O)
Bemerkung: bei kleinem Radien-Verhältnis Kation/Anion, CN 8:4
Anionenpackung: f.c.c. (beim Antityp!)
Lückenbesetzung alle Tetraederlücken (beim Antityp!)
Elementarzelle (statisch)
Elementarzelle (VRMLs) mit Kugeln mit Polyedern beides in schick
Tab. 3.3.4. AB2-Strukturtyp mit Würfelkoordination von A

Strontium- und Barium-Chloride, -Bromide und -Iodide (weitere Strukturen mit CNKation > 6)

Bei noch größeren Kationenradien ist die Koordinationszahl noch weiter erhöht: Diese beiden Strukturtypen sind in Abbildung 3.3.5. in Polyederdarstellung gezeigt. Ein Polyeder ist jeweils geöffnet um die hohen Koordinationszahlen besser zu erkennen.

Strukturtyp SrI2 PbCl2
Bemerkung: bei sehr grossen Kationen-Radien (Sr, Ba, Pb, seltene Erden)
Kationen-Koordinationspolyeder (CN) einfach überkapptes trigonales Prisma, CN=7 dreifach überkapptes trigonales Prisma, CN=9
Elementarzelle (statisch)
Elementarzelle (VRML) mit KKPs mit KKPs
Tab. 3.3.5. AB2-Strukturtyp bei sehr grossen Kationen A (CN=7 und 9)

Chemische Eigenschaften und praktische Bedeutung der Erdalkalimetall-Halogenide

Neben den verschiedenen Strukturtypen von Ionenkristallen AB2 noch einige Anmerkungen zu den chemischen Eigenschaften der wichtigsten Halogenide der Erdalkalimetalle:

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