Vorlesung Chemie der Metalle
4.Triele (3. Hauptgruppe, Erdmetalle, Bor-Gruppe: Al, Ga, In, Tl)
4.1. Überblick
Innerhalb der III. Hauptgruppe (nach neuer Nomenklatur Triele; 13. Gruppe; früher Erdmetalle)
liegt der Übergang zwischen den Nichtmetallen (hier dem Bor) und den Metallen (hier Al, Ga, In und Tl).
Diese Elemente haben die Valenz-Elektronenkonfiguration s2p1
und zwar im Einzelnen:
- Al (Aluminium): 3 s2 3 p1
- Ga (Gallium): 3 d10 4 s2 4 p1
- In (Indium): 4 d10 5 s2 5 p1
- Tl (Thallium): 4 f14 5 d10 6 s2 6 p1
Charakteristisch ist daher bei den metallischen Elementen dieser Gruppe
die Bildung dreiwertiger Ionen M3+. Wie für die Hauptgruppen allgemein
charakteristisch, gibt es bei den schwereren Elementen zusätzlich die Oxidationszahl
(MAX-2), also bei den Elementen der 3. Hauptgruppe +I (sogenannte s2-Kationen). Die Stabilität dieser
Oxidationsstufe nimmt von oben nach unten zu, bei Thallium ist es die wichtigste.
Da die Details der Chemie auch vom Rumpf bestimmt werden, lassen sich entsprechend
der oben aufgeführten Gesamtelektronenkonfigurationen zwei Sprünge in verschiedenen
Eigenschaften erkennen:
- Vom Aluminium zum Gallium beobachtet man die sogenannte d-Block-Kontraktion,
- vom Indium zum Thallium analog die f-Block-Kontraktion oder Lanthanoiden-Kontraktion.
Diese Kontraktionen der Atomrümpfe resultieren aus der
unvollständigeren Abschirmung der erhöhten Kernladung bei den jeweils schwereren Elementen.
Z. B. nehmen die Atomvolumina bzw. metallischen Radien (s.u.) vom
Aluminium zum Gallium ab, In hat etwa denselben metallischen Radius wie das schwerere
Homolge Thallium. Mit diesen Größen ändern sich auch andere Eigenschaften entsprechend
ungewöhnlich, z.B. haben Gallium und Thallium erhöhte Ionisierungspotentiale.
In der Tabelle 4.1.1. sind wieder die wichtigsten Eigenschaften der Elemente und
wichtige Verbindungen zusammengestellt.
|
Al |
Ga |
In |
Tl |
EN (Allred-Rochow) |
1.47 |
1.82 |
1.49 |
1.44 |
E0 [V] |
-1.68 |
-0.53 |
-0.34 |
-0.34+I/+0.72+III |
r[6]M3+ [pm] |
67.5 |
76 |
94 |
102.3 |
r[12]M [pm] |
143.2 |
141.1 |
166.3 |
171.6 |
Elemente |
glänzende, an Luft stabile Metalle |
luftempfindlich |
Struktur |
f.c.c. |
eigener Typ |
verz. b.c.c./f.c.c. |
h.c.p. |
Mp. [oC] |
660 |
30 |
156 |
302 |
Darstellung |
Schmelzfluss-Elektrolyse |
Elektrolyse der Salzlösungen |
MH3 |
polymerer Feststoff |
Dimere Moleküle |
. |
. |
Halogenide |
MF3: ReO3-Struktur;
AlCl3 Schichtstruktur;
Rest und in Lsg./im Dampf: M2X6 |
Oxide |
α- (Korund) und γ- (Hydrargillit) M2O3 |
M2O3 und M2O |
Hydroxide |
α- (Bayerit) und γ- (Gibbsit) M(OH)3 |
. |
Oxid-Hydroxide |
α-MO(OH) (Diaspor) |
. |
E(V)-Verbindungen |
III/V-Halbleiter |
sonstige Verb. |
MIMIII(SO4)2. 12 H2O (Alaune);
MgAl2O4 (Spinell) |
. |
. |
. |
|
keine |
keine |
blau (indigo) |
grün |
Tab. 4.1.1. Übersicht Triele
Gang in den physikalischer Eigenschaften:
Im Unterschied zum ersten Element der Gruppe, dem Bor mit einem Schmelzpunkt von 2180 oC
(kovalenter Festkörper), sind die Elemente Aluminium (Mp.=660 oC),
Gallium (Mp.=29.8oC), Indium (Mp.=157oC) und Thallium (303oC)
niedrig schmelzend (Minimum bei Gallium!).
Alle sind typische, relativ weiche Metalle und gute elektrische Leiter.
|
Abb. 4.2.1. Tendenzen in der Gruppe der Triele
‣SVG
|
Bei der Elektronegativität
gibt es widersprüchliche Werte für Indium und Thallium:
Die Werte nach der Allred-Rochow-Skala (Abb. 4.2.1. gestrichelte Linie)
fallen vom hier sehr elektronegativem Gallium zum Thallium, nach
der Pauling-Skala (Abb. 4.2.1. durchgezogene Linie) steigen sie in dieser Richtung.
Die damit recht hohe Elektronegativität von Thallium
zeigt sich zum Teil auch in der Chemie: Obwohl es sich um ein Element links der Zintl-Linie
(Anionen-Kationen-Bildner) handelt, bildet es formal negative Tl- z.B.
in NaTl.
Andererseits bildet auch Gallium mit elektropositiven Partnern (z.B. mit Na, K usw.)
Legierungen, deren Strukturen denen Bor-reicher Boride ähneln und in denen
der kovalente Polyanionenverband nach den Wade-Regeln interpretiert werden kann
(s. Kapitel 6.4. der Vorlesung
Intermetallische Phasen).
Die Oxidationsstufe 3+ entspricht bei den Elementen dieser Gruppe der Edelgasschale,
bei 1+ verbleibt eine gefüllte s-Schale (s2-Kationen).
Wie bei allen Hauptgruppen nimmt nach unten die Tendenz zur Ausbildung der maximalen Oxidationsstufe ab,
bei den Nebengruppen gilt das Umgekehrte.
D.h. vom Gallium sind nur wenige Verbindungen mit einwertigem Element bekannt, bei Indium
tritt +1 häufiger auf, Thallium ist fast ausschließlich einwertig.
In Tabelle 4.1.2. ist die Einordnung der Triel-Elemente in die
Spannungsreihe gezeigt. Die metallischen Elemente der III. Hauptgruppe
sind danach etwas 'edler' als die Erdalkalimetalle und etwa vergleichbar mit Zink
oder Cadmium. Tl3+ hat bereits ein positives Redoxpotential, ist also
ein Oxidationsmittel. In der Reihe der Triele ist Aluminium deutlich unedler als die
übrigen Elemente.
Element |
oxidiert |
|
reduziert |
E [V] |
Fluor (F) | F2 | + 2e- ⟶ | 2 F- | +2.87 V |
Sauerstoff | H2O2 + 2 H3O+ | + 2e- ⟶ | 4 H2O | +1.78 |
Gold (Au) | Au+ | + e- ⟶ | Au | +1.69 V |
Au3+ | + 3e- ⟶ | Au | +1.50 V |
Au3+ | + 2e- ⟶ | Au+ | +1.40 V |
Chlor (Cl) | Cl2 | + 2e- ⟶ | 2Cl- | +1.36 V |
Brom (Br) | Br2 | + 2e- ⟶ | 2Br- | +1.07 V |
Silber (Ag) | Ag+ | + e- ⟶ | Ag | +0.80 V |
Eisen (Fe) | Fe3+ | + e- ⟶ | Fe2+ | +0.77 V |
Thallium (Tl) | Tl3+ | + 3e- ⟶ | Tl | +0.72 V |
Iod (I) | I2 | + 2e- ⟶ | 2I- | +0.53 V |
Kupfer (Cu)
| Cu+ | + e- ⟶ | Cu | +0.52 V |
Cu2+ | + 2e- ⟶ | Cu | +0.34 V |
Cu2+ | + e- ⟶ | Cu+ | +0.16 V |
Wasserstoff (H) | 2H+ | + 2e- ⟶ | H2 | 0 V |
Thallium (Tl) | Tl+ | + 1e- ⟶ | Tl | -0.34 V |
Indium (In) | In3+ | + 3e- ⟶ | In | -0.34 V |
Cadmium (Cd) | Cd2+ | + 2e- ⟶ | Cd | -0.40 V |
Eisen (Fe) | Fe2+ | + 2e- ⟶ | Fe | -0.45 V |
Gallium (Ga) | Ga3+ | + 3e- ⟶ | Ga | -0.53 V |
Zink (Zn) | Zn2+ | + 2e- ⟶ | Zn | -0.76 V |
Wasserstoff (H) | 2 H2O | + 2e- ⟶ | H2 + 2 OH- | -0.83 V |
Aluminium (Al) | Al3+ | + 3e- ⟶ | Al | -1.66 V |
Magnesium (Mg) | Mg2+ | + 2e- ⟶ | Mg | -2.37 V |
Natrium (Na) | Na+ | + e- ⟶ | Na | -2.71 V |
Lithium (Li) | Li+ | + e- ⟶ | Li | -3.04 V |
Tab. 4.1.2. Standardpotentiale ausgewählter Redoxpaare
|
Die chemische Bindung in Verbindungen ist entweder
ionisch (mit Nichtmetallen) bzw. metallisch (mit Metallen).
In den wenigen bekannten kovalenten Verbindungen gelten dieselben Regeln
wie für Bor oder Beryllium, d.h. das Oktett kann erreicht werden:
- durch dative Bindung (Lewis-Säure-Base-Bindung) wie z.B. den Dimeren
von AlCl3 = Al2Cl6
- durch Ausbildung von Zwei-Elektronen-Drei-Zentrenbindungen z.B. in AlH3 oder in
organischen Derivaten Al2R6)
Vorkommen (‣SVG zu Elementhäufigkeiten in der Erdkruste)
Beim Vorkommen der Elemente kann zwischen dem wichtigstem
Element dieser Gruppe, dem Aluminium, und den restlichen drei, technisch weniger wichtigen Metallen unterschieden werden:
- Aluminium ist mit 7.5 % der Erdkruste das häufigste Metall
überhaupt. Trotzdem war es früher sehr wertvoll, ein kleines Stück wurde z.B. bei der
Weltausstellung 1855 ausgestellt, weil es lange nur schwer herstellbar war
und entsprechend auch als reines Element relativ spät entdeckt wurde.
Der Grund dafür liegt in der hohen Bindungsenergie Al-O bzw. der hohen
Gitterenergie von Al2O3.
Trotzdem ist das reines Oxid Al2O3 (der
Korund, s. Kapitel 4.4.) in der Natur sehr selten,
hauptsächliche Vorkommen sind Alumosilicate wie
Feldspat (Abb. 4.2.2.), Glimmer (Abb. 4.2.3.) oder Ton
(s. Kap. 7.5. Natürliche Schichtsilicate) der
Vorlesung Strukturchemie der Silicate.
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|
|
Abb. 4.2.2. K[AlSi3O8] (Kalifeldspat) |
Abb. 4.2.3. Muskovit-Glimmer (Al2[Si4O10](OH)2) usw. |
Abb. 4.2.4. Bauxit |
Die für die Aluminiumgewinnung wichtigste Rohstoffquelle ist der Bauxit
(AlOOH, s. Abb. 4.2.4) in den beiden Modifikationen Böhmit und Diaspor.
Das reine Hydroxid Al(OH)3 kommt - wie auch das reine Oxid - nur selten, als Bayerit oder Hydrargillit, in der Natur vor.
- Gallium, Indium und Thallium kommen alle mit Zink (dem Nachbarn von Gallium
im Periodensystem!) in Sulfid-Mineralen vor.
Gallium ist insgesamt sehr selten und blieb daher lange unentdeckt.
Berühmt ist die Genauigkeit der Voraussage der Eigenschaften dieses zunächst als
Eka-Aluminium bezeichneten Elementes durch Mendelejew.
Der Name 'Gallium' (Frankreich) wurde gewählt, weil Gallium zuerst aus Zinkblende aus den Pyrenäen
isoliert wurde. Dagegen hat die Bezeichung Indium (Indien?) von der
Indigoblauen Linien im Spektrum.
Indium ist etwa gleich häufig wie Silber, Thallium ist dagegen wieder häufiger als Gallium und Indium,
kommt aber nur sehr weit verteilt vor. Einziges echtes Tl-Mineral ist der Lorandit TlAsS2.
Zum analytischen Nachweis der Elemente Indium
und Thallium können die Flammenfarben verwendet werden.
Indium zeigt eine (namensgebende!) Indigo-blaue Farbe im sichtbaren Spektrum.
Es handelt sich dabei um den Übergang aus dem angeregten 6s-
in das 5p-Grund-Niveau bei einer Wellenlänge von 451.2 nm.
⚗Flammenfärbung von Indium (8MB|MP4|H264) |
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Thallium-Salze ergeben eine grüne Flamme (ebenfalls namensgebend:
'thallos' (gr.) = 'der grüne Zweig'). Die Farbe resultiert hier
um den Übergang aus dem angeregten 7 2S1/2-Niveau
in den 6 2P3/2-Zustand (535 nm). Der Übergang in den
Grundzustand 6 2P1/2 liegt mit 377.6 nm im Ultravioletten.
⚗Flammenfärbung von Thallium (9MB|MP4|H264) |
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Links zu Web-Recourcen
Tab. 4.1.3. Links zu Web-Seiten mit
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